Maria Dolors, die strickende Parze

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zauberberggast Avatar

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Zunächst bin ich absolut begeistert von der Idee einen Roman aus der Perspektive einer Fünfundachtzigjährigen zu verfassen. Ihre Weltwahrnehmung und Subjektivität, das alles ist sehr faszinierend geschrieben. Wie Dolores versucht ihr Leben trotz Sprachverlust und den Folgen des Schlaganfalls lebenswert zu gestalten, das ist sehr anrührend und macht sehr nachdenklich. Wie viel sie doch sieht, weiß und wahrnimmt (z.B. die offenkundige, aber ihrer Tochter Leonor scheinbar nicht auffallenden Magersucht der Enkelin Sandra) wird immer wieder kontrastiert mit der Tatsache, dass ihre Umwelt sie teilweise – bis auf den Enkel, der ihr noch Computer beibringen will – nur noch als „Inventar“ behandelt.

Dolors ist alt und erinnert sich, an Vergangenes und Gegenwärtiges. Wenn sie so vor sich hin erzählt und dabei strickt oder vom Stricken schwärmt so kommt es einem vor, als sei sie die moderne Figuration einer antiken Parze, die mit ihren beiden Kolleginnen das Schicksal der Menschheit zusammenstrickt.

In jedem Fall ist dieses Buch bestimmt eine Bereicherung für jeden der es liest.