Ein Kind ist keine Schande!

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kleine hexe Avatar

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Jung, ledig und schwanger. Bis vor nicht allzulanger Zeit war das auch hierzulande eine Schande für die ganze Familie. Im erzkonservativen Spanien zur Zeit der Diktatur Francos muss das noch schlimmer gewesen sein. Also lässt María ihre Tochter Carmen bei den Eltern und geht nach Madrid arbeiten. Sie schickt ihr ganzes verdientes Geld zu den Eltern für den Unterhalt der Tochter. Im Urlaub fährt sie heim nach Toledo zu ihrem Kind. Weil sie ihr Kind nur ein- oder zweimal im Jahr sehen kann, entfremdet sie sich dem kleinen Mädchen. Als sie das Kind zu sich nach Madrid holen will, ist die Mutter dagegen. Mit wem soll das Kind bleiben, wenn sie auf Arbeit ist? So wächst Carmen ohne der Mutter auf, wird groß, wird ihrerseits auch schwanger, dieses Mal aber heiratet der Kindsvater die werdende Mutter. Zwei Töchter haben sie gemeinsam, bis sich der Vater umbringt, weil finanziell ruiniert. Nun beginnt der Leidensweg Alicias, Marías Enkeltochter. In der Schule wird sie gemobbt, sie rächt sich in dem sie die Mitschüler bloßstellt. Der Höhepunkt ist wie vier der Mitschüler sie im Festsaal der Schule an einem Balken an einem Fuß aufhängen und sie so stundenlang hängen muss bis eine Lehrerin sie zufällig entdeckt. Älter geworden geht Alicia auch nach Madrid, arbeiten, sich ein eigenes Leben aufbauen. Das Ganze wird in Episoden erzählt, scheinbar lose, unzusammenhängend. Und doch bilden diese Episoden eine Einheit. María und Alicia führen in Madrid ein ähnliches Leben, versuchen sich selbstständig zu machen. María wird nie heiraten, Alicia heiratet zwar, wird aber ihr selbstbestimmtes Leben führen, außereheliche Affären haben. María liest viel, erklärt Pedro die Ideen aus den Büchern, die dann Pedro als seine eigenen im Freundeskreis angibt. Irgendwann wird María sich einer eigenen Frauengruppe anschließen, bei der Stadtverwaltung frauentypische Probleme anbringen. Pedro ist das nicht recht. Er will vor seinen Freunden angeben können, eine intelligente María, die das auch zeigt, würde ihn nur schmälern. Mará spürt, dass seine Aufforderung zusammen zu ziehen, in einem Bus abgehalten, nur darauf abzielt. Er spricht weder von Liebe noch Zuneigung oder Respekt, nur von finanziellen Vorteilen. María erkennt, Pedro geht es nur um Macht über María: “Es geht nicht um Geld, lautet Marías Schlussfolgerung, es geht um Macht. Darum, seinen Freunden - die María irrtümlich auch für die ihren gehalten hatte - zu beweisen, dass er Macht über Maria hat” (S. 203).

Beide Frauen, zwei Generationen entfernt, finden ihren Weg, gut oder schlecht, sie leben so, wie sie es sich vorstellen und wünschen.

Die junge Frau auf dem Titelbild, die dem Betrachter intensiv in die Augen blickt fand ich als Motiv für einen Frauenroman sehr gut gewählt.