Ein literarisches Wunder

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pistache Avatar

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In einer bildstarken und eleganten Sprache beschreibt Elena Medel in ihrem Debütroman, anhand der Lebensgeschichten von Maria und Alica, die Stellung der Frau im früheren und heutigen Spanien.

Grossmutter (Maria) und Enkelin (Alicia) wohnen in Madrid. Verwandt und doch entzweit lernen sich die Beiden nicht kennen. Maria zieht Ende der Sechziger, einer Schande wegen, nach Madrid, arbeitet als Kindermädchen, als Hausangestellte, der komplette Lohn sendet sie an die zurückgelassene, beinahe unbekannte Tochter (Carmen). Alicia flieht Jahrzehnte später nach Madrid, von einer Tragödie um ihre Herkunft.

Maria und Alicia, beide willensstark und eigenständig auf ihre Art. Beide verbunden mit dem Schicksal, zu wenig Geld zu verdienen und in einer männerdominierten Welt zu leben.
Die beiden Protagonisten könnten unterschiedlicher nicht sein. Maria die Sympathieträgerin, Alicia verschlossen und arrogant und dennoch verbindet sie eine Sehnsucht nach Selbstbestimmung.

Als Stilmittel wählte die Schriftstellerin chronologische Sprünge durch die Jahre 1969 bis 2018. Dabei gelang ihr ein psychologisches, tiefgründiges Porträt über das Heranreifen von weiblicher Kraft. Ein emanzipierter Roman, der nicht zähnefletschend die Männer angreift, sondern intelligent aufzeigt, welche Macht die Klassen- und Geschlechterunterschiede früher und heute noch haben. Erzählt in der 3. Person (ein Kapitel in der 1. Person), die Kapitel-Titel waren für mich unverständlich aber dies verwirrte überhaupt nicht.

Elena Medel kratzt an der männerdominierten Gesellschaft, zeigt auf, dass ein Aufstieg schwierig ist, wenn das nötige Geld fehlt, aber schlussendlich die Zukunft auch in den eigenen Händen liegt.

Keine Seite zu viel, keine Seite zu wenig in diesem Bildungsroman. Die Sätze sind schnörkellos und doch poetisch. Das Buch konnte mir zwischen den Zeilen den Geist Spaniens einhauchen. Ein wundervolles, teilweise trauriges Buch, das ich bestimmt ein zweites Mal lesen werde.