Fragmente der Weiblichkeit

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Die spanische Autorin Elena Medel entwirft in ihrem zarten Debütroman ein poetisches, mosaikartiges Porträt über Frauen aus drei Generationen in Spanien – gefangen in prekären Arbeitssituationen und einer männerdominierten Welt, wurden María und ihre Enkelin Alicia getrennt. Verwandt und doch entzweit suchen María und Alicia in Madrid nach ihrem Glück. Mit vielen chronologischen Sprüngen durch die Jahre 1969 bis 2018 und feinfühlig-verschachtelten Fragmenten, stellt Medel das Leben der zwei verschiedenen Frauen anhand von Geld, familiären Umständen, zeitliche Epochen und der sozialen Schicht gegenüber und entwirft ein melancholisch-lyrisches Panorama über die Weiblichkeit in Spanien.

In scharfsinnig komponierten Schlaglichtern und verflochtenen Geschichten lernt der Leser die Gegensätze der Frauen sowie ihre Lebensumstände kennen – schwere Themen wie seelisch weitergegebene Traumata, das Zurücklassen des Kindes und Selbstmord treffen hierbei auf eine wunderschöne Prosa mit leisen Zwischentönen sowie auf kulturelle und politische Veränderungen des Landes. Beide Frauen haben ihre Schwierigkeiten mit Männern und dem harten beruflichen Alltag, kämpfen aber für mehr Selbstbestimmung und Freiheit für Frauen. Die Mutter von Alicia und somit Tochter von María tritt nur als leise Nebendarstellerin auf und wurde von allen verlassen.

Wenn sich María und Alicia am Ende des Romans als überlebende Kämpferinnen über den Weg laufen, werden sie sich immer noch nicht kennen, doch der Leser hat einen intimen, wenn auch teils verwirrenden Einblick in ihre bewegte Leben erhalten – eingebettet in die Klassen- und Geschlechterunterschiede in Spanien und der stets präsenten Frage: Was ist wichtiger im Leben – Familie oder Geld? Ein außergewöhnlicher, wenn auch teils schwieriger und trauriger Roman, der aber auf seine eigene faszinierend-hypnotische Art fesselt und das Heranreifen von weiblicher Kraft feiert.