Mitten ins Herz

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barbarella17 Avatar

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Elena Medel hat mir ein großes Geschenk gemacht: sie schafft es, die ewige Zerrissenheit der Frauen zwischen Wünschen und Wirklichkeit, zwischen Pflichten und Träumen, zwischen Abhängigkeit und Freiheit in oft nüchternen, teils raschen, immer sehr präzisen Sätzen zu formulieren. Gleichzeitig lässt sie eine wundervolle, zarte Poesie anklingen, die die teilweise prekären Lebenssituationen von Großmutter Maria und Enkelin Alicia beinahe erträglich macht.

Maria flüchtet, nachdem sie als Jugendliche eine Tochter geboren hat, nach Madrid und arbeitet dort als Hausangestellte, während ihre Tochter bei Verwandten aufwächst, der Kontakt zwischen den beiden wird immer spärlicher. Alicia wiederum ist die Enkelin Marias, nach dem Tod ihres Vaters bricht ihre Welt zusammen und sie geht ebenfalls als junge Frau in die Hauptstadt. Die beiden Frauen erarbeiten sich ihren Lebensunterhalt, aber auch wachsendes politisches (Selbst-)Bewusstsein, bleiben jedoch in Gegenwart der (eher blass, leise agierenden) Männer in den Freundeskreisen recht zurückhaltend. Sie lernen sich nie kennen und nur wir Leser wissen um ihre zeitweilige Nähe.

Wie viele Frauen leben nach wie vor am Rand des Existenzminimums wie die beiden, wie viele Frauen geben der Verlockung einer vermeintlichen Sicherheit durch eine Ehe nach, wie viele Mädchen verzichten weiterhin auf eine solide Ausbildung, "weil sie ja doch irgendwann heiraten" ? Die Lebensläufe von Maria und Alicia zeigen, dass sich im Laufe der letzten 50 - 60 Jahre leider noch nicht genug geändert hat.
Ich bin froh, dieses Buch gelesen zu haben und empfehle es sehr gern weiter!