Spanien abseits der Touristenströme

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Mit "Die Wunder" ist Elena Mendel ein sehr lesenswerter Roman über die jüngere Geschichte Spaniens und zwei ungleiche Frauenschicksale gelungen.

Maria und Alicia sind Großmutter und Enkelin, sie leben beide in Madrid sind sich aber noch nie begegnet.

Maria, die ältere der beiden Frauen hat ein schweres, aber für sie doch befriedigendes Leben geführt.
Sehr jung wurde sie wegen einer "Schande" aus ihrem Heimatdorf nach Madrid geschickt. Dort arbeitet sie zunächst als Hausmädchen, wohnt bei Verwandten und kann sich dann nach und nach ihren Traum von einem selbstbestimmten Leben erfüllen. Sie wird politisch aktiv in Bürgerkommitees, läßt sich nicht länger von Männern beeinflussen.
Maria hat ihren Weg gefunden und ist zufrieden mit ihrem Leben.

Alicia dagegen ist noch jung und hat ihr Leben absolut nicht im Griff.
Traumatisiert durch den Freitod ihres Vaters als Teenagers hat sie Probleme, ihre Privilegien wie Abitur und Studium sinnvoll zu nutzen. Sie verbringt ihr Leben zwischen einem Job als Kioskverkäuferin und dem wenig geliebten Ehemann.

Ich finde, dass die Darstellung der Maria Frau Medel ausserordentlich gut gelungen ist. Für mich ist sie die Sympathieträgerin dieses Romans. Eine starke, politisch denkende Frau.
Alicia ist sicher nicht schlechter dargestellt, aber sie ist das genaue Gegenteil von ihrer Großmutter; ihr fehlt vollkommen das kämpferische der Älteren.

Insgesamt ist "Die Wunder" ein absolut lesenswerter Roman. Ein Frauenroman ohne jeden Kitsch oder Sentimentalität. Das spiegelt sich auch in der klaren, schnörkellosen Sprache.