Tolle Romanidee, leider nicht ganz überzeugend umgesetzt

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elfe1110 Avatar

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In ihrem Roman (übersetzt von Susanne Lange) schreibt Elena Medel von Großmutter und Enkelin, die sich nicht kennen aber doch so viel gemeinsam haben. Maria wird Ende der 60er Jahre in Cordoba als junges Mädchen ungewollt schwanger. Ihre Tochter Carmen wächst fortan bei ihrer Mutter und ihrem Bruder auf, während Maria weggeschickt wird und in Madrid als Dienstmädchen arbeitet. Ihr Geld schickt sie heim, die Freizeit ist spärlich, die finanziellen Möglichkeiten ebenso. Die Distanz zu ihrer Tochter wird immer größer, Marias Leben, später an der Seite von Pedro, bleibt gleichbleibend prekär – finanziell, gesellschaftlich und sozial. – Gut 30 Jahre später lebt die Tochter Carmens, Alicia, ebenfalls in einfachen Verhältnissen, denen sie nicht entfliehen kann. Gefangen in einem familiären Albtraum, ihr Vater beging aus finanziellen Sorgen heraus Selbstmord, begegnet sie ihrer Umwelt eher verschlossen und mit Ablehnung.

Elena Medel setzt den Mangel und seine Bedeutung für die Frauen in Spanien gekonnt in Szene. Der Mangel an gesellschaftlicher Mitsprache, an Bedeutung, an sozialen Rechten innerhalb einer männerdominierten Welt, in der die Frauen unter sich bleiben und über Kinder und Kochen sprechen. Der Mangel an Geld, der ein gesellschaftliches, persönliches Vorkommen fast unmöglich werden lässt und keine Perspektiven bietet. Der Mangel an räumlicher, geistiger, gesellschaftlicher Freiheit, der die Frauen ihrer Zeit immer wieder in ihre Schranken weist.

Was in Spanien als literarisches Wunder gefeiert wurde, konnte mich leider nicht überzeugen. In den sprunghaften, schweren Schreibstil fand ich so gar nicht herein und auch die beiden Figuren waren mir persönlich zu blass und wenig überzeugend. Die Rolle der Frau in der Gesellschaft, der Einfluss von Herkunft und Geld auf die sozialen Entwicklungen, das Erkennen und Umsetzen eigener Stärken. Alles unglaublich wichtige gesellschaftliche Themen. Unter einem "feministischen Bildungsroman" verstehe ich persönlich aber etwas anderes. Schade!