Schwarz-weiß?
In der Anleitung steht etwa: "Wird denn heute jede melancholische Stimmung gleich als Depression gewertet?" - und einige solcher Beispiele.
Als gäbe es nicht noch etwas dazwischen.
Die Autorin fragt sich, ob die höhere Anzahl an Diagnosen (im Gegensatz zu früher) nicht vielleicht ein Trend seien, also eine Mode, zu der jeder dazugehören will.
Das finde ich sehr gewagt und sogar unverschämt.
Früher sind vielleicht die total bekloppten so weit aufgefallen, dass man sie in die Geschlossene verfrachtet hat. Und so viele Menschen, die halt nicht total bekloppt sind, sondern "nur traurig", "nur leicht autistisch", nicht nur mit Bewegungsdrang, sondern ein deutliches Stück in Richtung AD(H)S - die sind vielleicht einfach durchs Raster gefallen. Wie wärs damit?
Und wie viel Leid hätte vermieden werden können (und das passiert ja glücklicherweise heute immer mehr), wenn die Person und das Umfeld klar gewusst hätte: Der Mensch lebt im Autismus-Spektrum. Er hat Eigenschaften, die für neurotypische Menschen befremdlich sind. Aber auch Stärken, die allen nutzen. Lebt damit und verhaltet euch entsprechend, damit jeder seine Stärken ausleben kann.
Nun aber allen Menschen, die sich vielleicht selbst diagnostiziert haben (weil es ja nicht sehr leicht ist, Termine für ärztliche Diagnosen zu bekommen), eine Mode vorzuwerfen, finde ich sehr hart.
Es mag sein, dass einige Menschen gerne auf diesen Zug aufspringen (wie die Emo-Phase in den 2000ern), aber das ist doch noch lange kein Grund, dem ganzen Rest (der durch eine Diagnose vielleicht große Erleichterung und Aha-Erkenntnisse erlangt) ein falsches Spiel vorzuwerfen.
Nichts gegen die im Buch geübte Kritik an Influencern, die daraus Kapital schlagen wollen. Auf der Suche nach Selbstdiagnose mag mancher auch auf solche Leute reinfallen (hast du Schnupfen, google - zack, haste Krebs). Dennoch kann der Zugang zu ähnlichen Leidensgeschichten und Tipps zu Verhaltensweisen auch Erkenntnis und Trost bedeuten.
In der Leseprobe scheint es mir praktisch ausschließlich um die "inszenierte Traurigkeit" zu gehen. Da das Buch aber "Digitale Diagnosen" heißt, gehe ich stark davon aus, dass in anderen Kapiteln auch andere psychische Spektren abgehandelt werden, denn das Internet dreht sich ja nicht nur um Depression und Traurigkeit, sondern - siehe oben - auch um viele andere Störungen und Spektren.
Abgesehen davon ist das Buch geschrieben wie eine Bachlor-Arbeit. Strukturiert aufgebaut, neutraler und distanzierter Schreibstil, mit Fußnoten-Verweisen, sehr sachlich - und damit leider recht anstrengend zu lesen.
Als gäbe es nicht noch etwas dazwischen.
Die Autorin fragt sich, ob die höhere Anzahl an Diagnosen (im Gegensatz zu früher) nicht vielleicht ein Trend seien, also eine Mode, zu der jeder dazugehören will.
Das finde ich sehr gewagt und sogar unverschämt.
Früher sind vielleicht die total bekloppten so weit aufgefallen, dass man sie in die Geschlossene verfrachtet hat. Und so viele Menschen, die halt nicht total bekloppt sind, sondern "nur traurig", "nur leicht autistisch", nicht nur mit Bewegungsdrang, sondern ein deutliches Stück in Richtung AD(H)S - die sind vielleicht einfach durchs Raster gefallen. Wie wärs damit?
Und wie viel Leid hätte vermieden werden können (und das passiert ja glücklicherweise heute immer mehr), wenn die Person und das Umfeld klar gewusst hätte: Der Mensch lebt im Autismus-Spektrum. Er hat Eigenschaften, die für neurotypische Menschen befremdlich sind. Aber auch Stärken, die allen nutzen. Lebt damit und verhaltet euch entsprechend, damit jeder seine Stärken ausleben kann.
Nun aber allen Menschen, die sich vielleicht selbst diagnostiziert haben (weil es ja nicht sehr leicht ist, Termine für ärztliche Diagnosen zu bekommen), eine Mode vorzuwerfen, finde ich sehr hart.
Es mag sein, dass einige Menschen gerne auf diesen Zug aufspringen (wie die Emo-Phase in den 2000ern), aber das ist doch noch lange kein Grund, dem ganzen Rest (der durch eine Diagnose vielleicht große Erleichterung und Aha-Erkenntnisse erlangt) ein falsches Spiel vorzuwerfen.
Nichts gegen die im Buch geübte Kritik an Influencern, die daraus Kapital schlagen wollen. Auf der Suche nach Selbstdiagnose mag mancher auch auf solche Leute reinfallen (hast du Schnupfen, google - zack, haste Krebs). Dennoch kann der Zugang zu ähnlichen Leidensgeschichten und Tipps zu Verhaltensweisen auch Erkenntnis und Trost bedeuten.
In der Leseprobe scheint es mir praktisch ausschließlich um die "inszenierte Traurigkeit" zu gehen. Da das Buch aber "Digitale Diagnosen" heißt, gehe ich stark davon aus, dass in anderen Kapiteln auch andere psychische Spektren abgehandelt werden, denn das Internet dreht sich ja nicht nur um Depression und Traurigkeit, sondern - siehe oben - auch um viele andere Störungen und Spektren.
Abgesehen davon ist das Buch geschrieben wie eine Bachlor-Arbeit. Strukturiert aufgebaut, neutraler und distanzierter Schreibstil, mit Fußnoten-Verweisen, sehr sachlich - und damit leider recht anstrengend zu lesen.