DNA

Gut konstruierter Thriller mit schwachen Figuren

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koschkosch Avatar

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Im Jahr 1987 wird ein Adoptionsfall um drei Geschwister abgehandelt: Der Leser erfährt von schwierigen Verhältnissen und hintergründig erahnt man, es läge ein Fall von Missbrauch vor. Die Kinder sind noch klein, aber trotz der Bemühungen einiger Sachbearbeiter können sie nur getrennt vermittelt werden.

28 Jahre später wird eine junge Mutter auf brutale und höchst ungewöhnliche Art und Weise ermordet. Der Mörder scheint keine Spuren hinterlassen zu haben, sodass die Ermittler allein auf die Aussage der traumatisierten Tochter angewiesen sind, die sich während der Tat im Zimmer versteckt hielt. Unerwartet wird Kommissar Huldar mit den Ermittlungen betraut, der sich nun in diesem schwierigen Fall beweisen muss. Für die Befragung seiner wichtigsten Zeugin muss er mit der Psychologin Freyja zusammenarbeiten. Dies erweist sich zunächst als schwierig, hatten die beiden doch vor Kurzem einen One-Night-Stand, bei dem Huldar nicht ganz ehrlich gegenüber Freyja war.

Aus dieser Situation heraus entwickelt die Autorin Yrsa Sigurdardóttir eine durchaus spannende und gut konstruierte Kriminalgeschichte, die bis zum Ende offen bleibt und einige unerwartete Wendungen enthält. Der Fall ist ungewöhnlich und die Morde in ihrer Brutalität sehr beklemmend geschildert. Gerade der zweite Mord lässt einen Schauer über den Rücken laufen, so schauderhaft und atmosphärisch ist er beschrieben. Erst sehr spät ahnt man als Leser, wie die rätselhaften Morde zusammenhängen könnten.

Die toll konstruierte Geschichte wird jedoch getrübt von ermüdenden, langatmigen Passagen und langweiligen Charakteren. Kommissar Huldar schwankt zwischen Unsicherheit und Arroganz, die Psychologin Freyja kommt herüber wie ein trotziges Kind, das eigentlich lieber nicht mitspielen möchte. Die Romanze, die hier neben den Mordfällen inszeniert ist, lässt beide wie verwirrte Teenager wirken, die gerade das erste Mal miteinander erlebt haben. Die Gedankengänge sind wirr und oberflächlich und leider färbt das auch auf die Ermittlungen ab. So wirken die beiden Protagonisten hauptsächlich unerfahren - und zwar in allen Belangen. Das nervt auf Dauer und lässt mich persönlich daran zweifeln, ob diese neue Reihe der isländischen Autorin noch zu retten ist.

Einen kleinen Bonus in der Bewertung gibt es noch, weil ich einige fade Passagen auch der Übersetzung zuschreibe. Es ist eben immer etwas anderes, in der Originalsprache zu lesen. Der überaus spannende Prolog verspricht eine großartige, atmosphärisch dichte Geschichte, von der man sich aber leider im Verlauf des Buches mehr und mehr verabschieden muss.

Alles in allem bleiben drei Punkte für die Kriminalgeschichte und eine ziemlich enttäuschte Leserin, die nach der Leseprobe mit großen Erwartungen in den Leseprozess gestartet war.