DNA

Startet ruhig, begeistert mit Charakterstudien und überzeugt insgesamt

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laberladen Avatar

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Darum geht’s:

Eine junge Mutter wird in ihrem eigenen Haus zu Tode gefoltert, die kleine Tochter bleibt unterm Bett unentdeckt. Eine Nachricht des Täters, die nur aus Zahlen besteht, können die Polizisten nicht entschlüsseln. Umso wichtiger ist, was das Kind gesehen hat. Als das Mädchen unter Aufsicht der Psychologin Freyja befragt werden soll, erlebt Kommissar Huldar eine unangenehme Überraschung, denn er kennt die Psychologin schon – er hat sich nach einem One Night Stand heimlich aus ihrem Schlafzimmer geschlichen und nie wieder gemeldet, nachdem er ihr eine falsche Identität vorgelogen hatte. Nun muss er mit ihr zusammenarbeiten.

So fand ich’s:

Ein actiongeladener Thriller mit hohem Tempo und Helden a la James Bond ist „DNA“ nun wirklich nicht. Dafür sind die beiden Hauptpersonen, der Polizist Huldar und die Psychologin Freyja, auch gar nicht geeignet. Huldar ist eher Ermittler-Nachwuchs, der nur dadurch in die erste Reihe gespült wurde, weil die erfahreneren Kollegen in Misskredit geraten sind. Da er noch nie eine Mordermittlung geleitet hat, ist seine Weste weiß, aber die Verantwortung ist neu für ihn und er muss sich erst in die Rolle hineinfinden. Freyja hat sich erst kürzlich von ihrem Lebensgefährten getrennt und hütet erst einmal Wohnung und den Hund ihres Bruders, so lange er im Gefängnis ist. Ihren Platz im Leben scheint sie noch nicht gefunden zu haben, allerdings wirkt sie in ihrem Job sehr engagiert und kompetent. Und zwischen den beiden Protagonisten hängt dieser One Night Stand, bei dem Huldar eine falsche Identität vorgegeben hat und sich Freija mehr erhoffte, immer noch in der Luft.

Die Autorin schafft es, die handelnden Personen lebendig werden zu lassen, nicht nur in dem, was sie tun, sondern auch ihr Gefühlsleben wird nachvollziehbar und greifbar gemacht. Das führt zu einem eher ruhigen Erzählton, aber ihre sehr genaue Beobachtung der Menschen und ihre Fähigkeit, sie alle individuell und allzu menschlich vor dem inneren Auge der Leser erscheinen zu lassen, hat mir sehr gut gefallen. Für manche Fans von eher actionreicheren Thrillern mag besonders der erste Teil vielleicht etwas zu ruhig sein, doch mich hat die Geschichte mit den menschlichen Aspekten richtig gut unterhalten. Und im Laufe der Erzählung zieht die Spannung auch weiter an.

Das Thema Eltern / Kinder taucht in Varianten immer wieder im Buch auf und mehr als eine Person erzählt ihre Familiengeschichte, die selten genug harmonisch perfekt verlaufen ist.

Die Morde sind grausam und skurril, aber nicht blutig. Man tappt lange im Dunkeln und obwohl ich mich die ganze Zeit gefragt habe, wie die Personen wohl zusammenhängen, wer der Täter ist und was ihn motiviert, bin ich nicht annähernd drauf gekommen. Die Auflösung hat mir vor Überraschung den Mund offen stehen lassen, weil ich damit nun wirklich nicht gerechnet hatte, obwohl sie schlüssig und auch glaubwürdig war.

Ganz besonders hat mir gefallen, wie deutlich man merkte, dass das Buch in Island spielt. Die Besonderheiten einer so kleinen Gemeinschaft, die insgesamt nur aus ca. 340.000 Menschen besteht und in der man üblicher Weise mit dem Vornamen auskommt, wurden immer wieder eingestreut und erzeugten eine besondere Atmosphäre.

Der nächster Band „Sog“ erscheint am 18. September und auch diesen zweiten gemeinsamen Fall für Huldar und Freija werde ich sicher schnellstens lesen, denn sowohl die beiden Personen als auch die Art und Weise, wie die Autorin sie lebendig werden lässt und einen packen kann, hat mich komplett überzeugt.