Der Krieg ist verloren - eine neue Zeit beginnt

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gucci Avatar

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Ich lebe in der ehemaligen englischen Besatzungszone Hannover, etwa 100 km von Bad Oeynhausen entfernt. Weil mir Theresia Graw´s Gutsherrin-Saga so gut gefallen hat, habe ich bereits einen Eindruck von ihrem Schreibstil. Diese Romane mag ich sehr gern und immer mal wieder denke ich an deren Handlung. Nun führt uns die aktuelle Geschichte in den ostwestfälischen Kurort Bad Oeynhausen. Dort war ich schon und habe dadurch ein bisschen Kopfkino während des Lesens gehabt.

Ab der ersten Seite habe ich die Geschichte sehr gern gelesen. Ich mag die parallelen Erzählstränge mit den beiden Protagonisten Anne und Rosalie. Es ist spannend, abwechselnd die Geschichte der beiden Frauen erzählt zu bekommen. Sie waren mal beste Freundinnen und nun nach dem Krieg spielt es kaum eine Rolle, welches Leben man zuvor geführt hat. Alle Bewohner der Stadt Bad Oeynhausen werden ihrer Wohnungen und Häuser verwiesen, die Briten errichten dort ihr Hauptquartier. Die ostwestfälische Bevölkerung bekommt Plätze im Barackenlager zugewiesen und wer kann, versucht bei Verwandten anderswo aufgenommen zu werden. Anne betrieb mit der Mutter ein Hotel. Ihre verheiratete Schwester Iris lebte im eigenen Haus mit ihren drei kleinen Kindern. Ihr Mann Diethard verehrte Hitlers Politik, es ging ihnen sehr gut. Nun liegt bei jedem Erwachsenen ein Kind mit im Bett. Essen, Holz zum Heizen, alles ist knapp und unbezahlbar. In ihrem Hotel ist der britische Club. Eine Stacheldrahtbarriere, die nur mit Passierschein überwindbar ist, trennt sie von ihrer Kurstadt. Dieses für mich unbekannte Kapitel der deutschen Geschichte war mir zuvor unbekannt.

Rosalie kommt aus einfachen Verhältnissen, sie hat ihre Eltern und ihren Bruder an den Krieg verloren. Rosalie arbeitet hart, sie muss zwar nicht Hunger leiden und auch nicht Frieren, hat ein richtiges Bett. Auf dem Hof muss sie richtig anpacken, kümmert sich um Mahlzeiten, Haus und Wäsche. Andererseits hat sie dadurch auch eine Ersatzfamilie, einen Ort wohin sie gehört. An den Wochenenden arbeitet sie als Bedienung im englischen Club Sie locken die schönen Dinge, die bei ihrem Aufwachsen in einfachen Verhältnissen, sie nur bei anderen bewundern konnte und die die britischen Soldaten in den englischen Geschäften der Kurstadt kaufen können. Annes Wünsche sind nicht ichbezogen, es geht um einfache Lebensmittel, ein paar Kohlen, für die Familie in der Baracke.

Anne und Rosalie können beide zupacken und sind mutig, Probleme anzugehen und auch anzusprechen.

Ich lese deshalb so gern Historische Romane aus der Zeit, weil man, obwohl man schon viel über die Zeit erzählt bekommen und gelesen hat, immer wieder neue Puzzleteile der Vergangenheit dazu kommen. So gefällt mir die Situation vom nahen Bad Oeynhausen mithilfe dieses Romans zu erfahren.

Das Buch hat das Potential für das Monatshighlight. Es waren schöne Lesestunden mit einem tollen Roman. Er hat mir sehr gut gefallen und ich bin gespannt auf das nächste Buch der Autorin und ja, ich freue mich sehr darauf.