Dornentöchter

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Der Roman „Dornentöchter“ von Josephine Pennicott ist als Hardcover im Listverlag erschienen und umfasst 396 Seiten inklusive Prolog, 26 Kapitel, Epilog, Anmerkungen und Danksagung der Autorin. Das Cover ist mit dem in zarten Farben gehaltenen blumen- und vogelverzierten Schutzumschlag, sehr schön gestaltet, jedoch erschließt sich mir nicht der Zusammenhang zwischen Titel, Cover und Erzählung mit der Ausnahme, dass ein solches Haus wie es der Ausschnitt des Schutzumschlags zeigt, der Haupthandlungsorts des Buches sein könnte.
Der Prolog spielt im Jahr 1936. Pearl, eine Kinderbuchautorin, wohnt mit ihrem Mann Maxwell und ihren beiden 9 und 7 Jahre alten Kindern seit geraumer Zeit im Poet’s Cottage in Pencubitt (Tasmanien). Ihre ältere Tochter Thomasina beobachtet an einem Tag, an dem sich ihre Mutter wieder einmal zum Schreiben zurückgezogen und ihre Töchter angewiesen hat sie nicht zu stören, wie ihre Mutter ermordet wird. Offensichtlich kann sie dieses Erlebnis nicht in Worte fassen und hält den Mörder für den tasmanischen Teufel der laut ihrer Mutter im Keller hausen soll und mit dem ihre Mutter den Kindern immer Angst gemacht hat. Die Erzählung selbst beginnt in der Gegenwart mit dem Einzug der Schriftstellerin Sadie, der Enkelin von Pearl, die mit ihrer Tochter Betty von Sydney kommend ins Poet’s Cottage zieht. Pencubitt ist auch ca. 75 Jahren nach dem Mord an Pearl noch ein kleiner Touristenort an der Küste in dem jeder Einwohner den anderen kennt. Schnell erhält Sadie Kontakt zu Birdie, einer Freundin ihrer Großmutter und langjährige Lebensgefährten ihres verwitweten Großvaters , die Jahre zurückliegend eine Biographie über Pearl geschrieben hat. Von ihr erhält sie das ursprüngliche Manuskript zu diesem Buch, das weit über den Text der veröffentlicht wurde hinausgeht. Neben den aktuellen Problemen in der Gegenwart wie z.B. die überstandene Magersucht der Tochter und der unerfreulichen Trennung von ihrem Mann sowie dem Tod der Mutter, versucht sie zu ergründen wie es zum Mord an ihrer Großmutter gekommen ist.
Es passiert mir äußerst selten, aber zu diesem Buch habe ich keinen rechten Zugang gefunden. Die Anzahl der handelnden Personen bleibt überschaubar. Jede der Charaktere hat für sich etwas eigenes, wird mir aber dennoch nicht vertraut, da diese Ecken und Kanten bei einer Person hauptsächlich eher unerwünscht sind. Pearl ist so exzentrisch und gemein im Umgang vor allem mit ihrer älteren Tochter, dass man sich fragt, wieso sie überhaupt Freunde hat.
Auch das gehütete Familiengeheimnis habe ich gesucht und nicht gefunden, es sei denn, es besteht, ohne zu viel verraten zu wollen, in einer architektonischen Besonderheit vom Poet’s Cottage. Das Geheimnis kann nicht darin bestehen, dass Pearl einen lockeren Lebenswandel hatte, denn dies war in ganz Pencubitt bekannt. Aber vielleicht besteht es auch darin, dass Thomasina den Mord beobachtet hat und nun im hohen Alter beschließt die Erlebnisse zu verarbeiten und zum ersten Mal mit ungefähr 84 Jahren über dieses Ereignis spricht und so auch der Mord am Rande aufgeklärt werden kann. Unverständlich blieb mir auch wieso Birdie eine Freundschaft zu der, im Buch immer wieder betont wunderschönen, sie ständig herabputzenden Pearl aufrechterhalten konnte und wieso sie sich zu Pearl’s Mann hingezogen fühlte, trotz dass er verheiratet war und sie um eine weiter Liebesbeziehung wusste.
Obwohl es sich hier doch auch um eine Familiengeschichte handelt bleiben die Verwandtschafts untereinander merkwürdig statisch. So entsteht beim Lesen der Eindruck, dass die Personen die miteinander befreundet sind sich näher stehen wie die Verwandten. Die Kindheit von Pearl die zu ihrer Egozentrik und eventuell zum Mord geführt haben könnte wird nur ganz kurz angerissen. Das Leben ihrer beiden Töchter nach ihrem Tod wird nur am Rande abgehandelt. Maxwell erscheint zwar als Ehemann von Pearl und Lebensgefährt von Birdie, aber nie als Großvater. Das Mystische an diesem Roman besteht in dem Abhalten einer Séancesitzung, deren Prophezeiung sich zwar erfüllt, der Leser aber zum Ende eine Klärung erfährt, dem Geisterspuk in Häuser, der sich aber entweder aufklärt oder Geisterglauben der Einwohner und damit einer Touristenattraktion unterstellt werden kann und einem Space Clearing. Zum Abschluss der Geschichte wird noch ein bekanntes, schönes Gedicht von Henry Scott-Holland verhunzt und bleibt, vielleicht auch deshalb ohne Nennung des Autors.