Scharfsinnig
Die ersten Seiten von Dr. No bestechen durch Percival Everetts unverwechselbaren Stil: scharfsinnig, ironisch und gleichzeitig tiefgründig. Bereits zu Beginn wird deutlich, dass dieser Kriminalroman kein klassischer Whodunit ist. Stattdessen führt Everett den Leser in ein originelles Gedankenspiel über das Nichts – im wörtlichen und philosophischen Sinn.
Im Mittelpunkt steht der Mathematikprofessor Wala Kitu, eine skurrile, aber faszinierende Figur, die sich auf das „Nichts“ spezialisiert hat – eine eigenwillige, beinahe absurde Disziplin, die dennoch ernsthaft behandelt wird. Die Erzählweise ist durchdrungen von subtilem Humor und intellektuellen Spielereien, die sowohl unterhalten als auch zum Nachdenken anregen.
Obwohl noch keine klassische Krimihandlung im Sinne eines Verbrechens oder einer Ermittlung erkennbar ist, wird durch die Einführung des exzentrischen Milliardärs John Sill eine gewisse Spannung aufgebaut. Die Dialoge sind pointiert und oft doppelbödig – man spürt, dass sich hinter der scheinbaren Absurdität ein kritischer Blick auf Macht, Wissen und Identität verbirgt.
Everett spielt mit Erwartungen und etabliert früh ein bewusst unkonventionelles Erzählen. Wer einen typischen Krimi erwartet, wird vielleicht irritiert, aber auch fasziniert sein. Die Lektüre lädt dazu ein, zwischen den Zeilen zu lesen und sich auf ein literarisches Experiment einzulassen.