Das rassistische Sammelalbum

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wilde hummel 1 Avatar

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Shida Bazyars Roman Drei Kameradinnen geht das Thema des alltäglichen Rassismus radikal an. Das Buch heisst nicht von ungefähr drei Kameradinnen und nicht drei Freundinnen, denn Kameradschaft, die hat man in Verbünden, in militärischen oder paramilitärischen Vereinigungen usw. Da sind Hani, die eher angepasste, versöhnliche und Kasih, die Erzählerin oder Berichterstatterin und Saya, die radikalste der drei jungen Frauen. Sie alle treffen sich zu der Hochzeit einer weiteren Freundin. Alle drei Frauen verbindet eine enge Freundschaft aus Kinderzeiten und sie erzählen Geschichten von persönlichen rassistischen Erfahrungen und Begebenheiten. Es sind oft nur kleine Alltagsbegebenheiten, die man so oder so interpretieren könnte. Beispielsweise ist es für Absolvent*innen eines Soziologiestudiums schwierig, eine adäquate Stelle zu finden und das ist unabhängig von der eigenen soziologischen Einbettung. Saya ist geradezu besessen von allen Nachrichten und Informationen, die einen rassistischen oder nationalistischen Inhalt haben und da wird der NSU-Prozess kritisch verfolgt. Als Leserin war ich zu oft hin und her gerissen zwischen Betroffenheit und Abwehr. Betroffenheit über den realen Rassismus in unserem Land und Abwehr von dem Zuviel an Vorwürfen, Anklage und Über-den-Kamm-scheren aller 'Ureinwohner', die allesamt schlecht weg kamen, insbesondere, wenn sie auch noch männlich sind. Vielleicht muss ein Roman zum Thema Rassismus so polarisieren, um dem alltäglichen Rassismus zu verdeutlichen und damit hoffentlich auch zu beenden. Ich mochte diese unterschiedlichen drei Frauen, ihre feste Freundschaft und ihre Sichtweisen aufs Leben gerne lesen, hätte ihnen jedoch mehr Toleranz und Differenziertheit beigegeben.