Erschütternder Lesegenuss

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Ich habe „Drei Kameradinnen“ gelesen und wurde in diese eine große Stadt geschickt, in der wir wohl alle mal leben wollten. Dort führte Shida Bazyar mich in eines dieser heruntergekommenen Viertel, die jetzt aber irgendwie hip geworden sind. Und dort ganz spezifisch in das WG-Zimmer von Kasih. Kasih ist erschüttert von den Ereignissen der letzten Nacht: ein schrecklicher Anschlag mit vielen Toten. Und weil ich gerade da bin, erzählt sie mir, was sie mit diesem Anschlag zu tun hat und insbesondere ihre beste Freundin Saya.

Saya, Hati und Kasih sind beste Kindheitsfreundinnen. Sie sind in derselben Siedlung aufgewachsen, die Wohnungen gleich geschnitten, mit demselben kleinen Balkon weit über der Straße. Sie sind auch verbunden durch das Gefühl, nicht dazuzugehören, anders zu sein als diejenigen, deren Eltern hier in diesem Land geboren wurden.

Jede der drei Kameradinnen geht anders mit diesem Gefühl um. Während Hani versucht, durch fleißige Arbeit ihren Platz zu finden, klammert sich Kasih an ihre Liebe aus dem Studium. Und Saya, Saya beginnt sich mit dieser Gesellschaft, in der sie keinen Platz zu haben scheint, auseinanderzusetzen, um etwas zu verändern. Voller Wut studiert sie die rechte Szene, gibt Seminare und stürzt sich bewaffnet mit Argumenten in rechte Filterblasen. Als ihre Wut in Hass umschlägt, beginnen Hani und Kasih sich um ihre Freundin zu sorgen.

Als ich diese Geschichte höre, muss ich mich erstmal setzen. Sie nimmt mich mit und zeigt mir, dass meine schöne liberale Welt unter der gebildeten Oberfläche eben immer noch nicht frei von Alltagsrassismus, nein, Rassismus im Allgemeinen ist. Sie ist auch eine Milieustudie und eine Geschichte über Erwachsenwerden, den Traum vom „Aufstieg“, Bildung und Gerechtigkeit.

Shida Bazyar stellt dabei sicher, dass ihre Botschaft auch ankommt, indem Kasih sich immer wieder direkt an mich wendet, mich direkt anspricht. Und ich bin froh über dieses Gespräch in der WG-Küche. Froh darüber, immer wieder wachgerüttelt, ertappt und aufgeschreckt zu werden. Denn das bin ich nach diesem spannenden Buch: Aufgerüttelt, nachdenklich, wütend und mir gleichzeitig darüber im Klaren, dass ich irgendwie auch Teil des Problems bin.

Eine absolute Leseempfehlung für jeden, nicht nur wegen der wichtigen Thematik, sondern auch weil dieses Buch großartig geschrieben, intelligent und spannend ist.