Raffiniert und wichtig!

Voller Stern Voller Stern Voller Stern Voller Stern Voller Stern
meggy_weltentaucherin Avatar

Von

Drei Freundinnen, eine sitzt im Gefängnis. Das ist die Ausgangslage zu Beginn des Romans "Drei Kameradinnen" von Shida Bazyar. Die Ich-Erzählerin Kasih schreibt als Reaktion auf die Verhaftung ihrer Freundin Saya und richtet sich damit an uns Lesende. Nach und nach erzählt sie von der Kindheit in einer deutschen Großstadt (ohne den Namen zu nennen, ist bald klar, dass es sich um Berlin handelt), der Jugend und den jungen Erwachsenenjahren bis zu jenem schicksalhaften Abend.
Die Geschichte ist also stets in der 2. Person Plural geschrieben und Saya lässt dabei keine Gelegenheit aus uns (weiße) Lesende mit unserem white privilege zu konfrontieren. Das macht die Lektüre durchaus zu keiner einfachen, aber zu einer faszinierenden und wichtigen. Die Autorin lässt die Ich-Erzählerin einen "Trick" anwenden: Sie erwähnt bewusst keine Herkunftsländer der Protagonistinnen. Auch Hautfarben werden erst erwähnt, sobald sie für die Geschichte relevant werden. Damit führt sie den Lesenden die unterbewusst verfestigten Klischees vor Augen.
Mit den drei Hauptfiguren hat Shida Bazyar Charaktere erschaffen, die die widersprüchlichen Gedanken und Gefühle, die ich selbst beim Lesen hatte, verkörperten. Saya sagt immer ihre Meinung und wirkt damit oft zu extrem, Hani sieht in allem das Gute und erscheint dadurch zu naiv und Kasih steht irgendwo dazwischen und handelt dabei zu wenig.

Ein wichtiger und aktueller Roman, der Rassismus noch einmal auf eine neue Art thematisiert und einem beim Lesen den Spiegel vorhält.