Das Buch hält, was das elegante Cover verspricht!

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caillean79 Avatar

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Das Besondere an diesem Buch kann man – und das funktioniert nicht häufig – mit einem einzigen Wort beschreiben: Flair. Es ist unglaublich, wie der Autor es schafft, mit fast jedem Satz Bilder zu malen, die detailverliebt Orte, Zeiten und Stimmungen heraufbeschwören. Egal ob es die Stilsicherheit einer jungen Dame der Oberschicht auf einem Ozeandampfer in den späten 1920er Jahren ist oder die Eloquenz eines – eigentlich mittellosen – Lebemanns und Schlitzohrs, der es versteht die Frauen von Nizza in den 1930er Jahren um den Finger zu wickeln – für alles findet er genau die richtigen Worte und man taucht ab in eine andere Zeit und wünscht sich, das Buch möge 2000 Seiten haben.

Die Handlung wird getragen von der immer wiederkehrenden Sehnsucht zweier Menschen. Sie wissen eigentlich nicht wirklich, dass sie sich nach einander sehnen, suchen Ablenkung im Rausch ihres eigenen Lebens und gehen ihre Wege konsequent – und meist getrennt voneinander. Außer dreimal im Leben. Da begegnen sie sich und diese drei Begegnungen sind es, die das Buch in sich zusammenfügen.

Mit seinem Stil „erzieht“ einen der Autor ein wenig zum Mitdenken. Die Handlung springt zwischen den drei Begegnungen von Max und Mecha hin und her, aber nicht in jeweils eigenen Kapiteln sondern nur in – nicht gekennzeichneten – Abschnitten. Überschriften mit Hinweisen zu Ort bzw. Zeit der Handlung sucht man vergebens, aber es ist auch durchaus spannend, manchmal nach einer halben Seite festzustellen, dass es jetzt doch plötzlich um die Begegnung 10 Jahre früher geht… In anderen Büchern hätte mich das vielleicht gestört und ich hätte die Aufteilung „konfus“ genannt – hier passt es komischerweise.

Zwei Themen werden als Nebenhandlungen in der Geschichte detailliert behandelt: Tango und Schach. Man lernt zuerst viel über die Geschichte des Tango, seine Wurzeln, Entwicklung und das „Verkommen“ zum gesellschaftlich anerkannten Standardtanz. Das alles angesiedelt in einer Geschichte, die im Buenos Aires der 1920er Jahre spielt. Überhaupt spielt Musik eine große Rolle in dem Buch – immer wieder werden Musiktitel genannt, die Max gerade hört/dazu tanzt oder die in anderer Weise mit der Handlung zu tun haben. Ich habe mir den Spaß gemacht und die Titel neben dem Lesen ins Youtube einzugeben – mit dem Resultat, dass ich den perfekten Soundtrack zu diesem wunderbar stimmungsvollen Roman hatte. Einige der Songs sind mittlerweile sogar zu meinen persönlichen Favoriten geworden – so z. B. „The Man who broke the bank at Monte Carlo“. Ich glaube, ich werde jedes Mal den Max aus diesem Buch vor Augen haben, wenn ich das Lied höre :-)

Im dritten „Teil“ der Geschichte (die 3. Begegnung von Max und Mecha in den 60er Jahren) geht es viel um Schach, weil Mechas Sohn ein aufgehender Stern am (eigentlich sowjetisch dominierten) Schachhimmel ist. Auch das gibt interessante Einblicke, und obwohl ich persönlich kein großer Fan von Schach bin, ist es faszinierend gewesen, die Welt „hinter den Kulissen“ eines Schachturniers kennen zu lernen. Ein Krimi ist nix dagegen!

Ich bin wirklich rundum begeistert von dem Buch und froh, es entdeckt zu haben. Es ist eines der wenigen Bücher, bei denen ich mir wünschen würde, dass sie zu einem Bestseller würden - einfach weil sie anders sind, besonders und liebenswert.