Kein dreimaliges Lesen

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sago Avatar

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„Dreimal im Leben“ ist sicher kein Buch, das ich nach Jahren wieder oder gar drei Mal lesen werde. Schade. Der Autor schreibt einen sehr angenehmen gehobenen Stil, der sich auch durch wenige ungewöhnliche Metaphern auszeichnet (zum Beispiel wird sich mir „ein klammer Schmerz“ dauerhaft einprägen). Als verschachtelt, wie hier in manchen Rezensionen angegeben, habe ich persönlich die Sätze zu keiner Zeit empfunden, da kenne ich beispielsweise von Marcel Proust etwas ganz anderes. Am Stil liegt es also nicht, dass ich dem Buch bedauerlicherweise nur zwei Sterne geben kann. Die Geschichte ist äußerst ereignisarm und lässt sich daher nicht nur in wenigen Sätzen zusammenfassen, sondern auch in wenigen Sätzen wiedergeben! Der Eintänzer Max, der der verheirateten reichen Mecha 1928 auf einem Luxusdampfer begegnet, mit ihr eine Affäre beginnt und ihr eine Perlenkette raubt, ihr 10 Jahre später wieder begegnet und mit ihr ohne sein Wissen einen Sohn zeugt, neben seinen Diebereien auch Spion wird, verarmt und sich als alter Mann als Chauffeur durchschlagen muss… Im Alter begegnen sich Mecha und Max wieder, sie hat ihn immer geliebt, er weiß nie so genau, was er fühlt, und macht sich auch abermals aus dem Staub, diesmal zum Glück ohne Mechas Schmuck. Und das war‘s wirklich auch schon, auf über 500 Seiten. Nach meinem Geschmack dürfen Bücher ruhig noch wesentlich dicker sein, aber es muss einen Spannungsbogen geben, der sich auch daraus speist, dass den Leser die Figuren nicht kaltlassen. Max ist nicht nur ein Antiheld. Das allein müsste ja kein Nachteil sein, siehe zum Beispiel Dexter in der gleichnamigen Fernsehserien, bei der es den Machern gelingt, dass der Zuschauer sogar um einen Serienmörder bangt! Max in „Dreimal im Leben“ hat außer seiner Schönheit, und das auch nur in der Jugend, überhaupt nichts zu bieten. Er ist ein schlechter Charakter, wie er im wahrsten Sinne des Wortes im Buche steht, Lügen, Betrügen und Diebstahl sind zeitlebens seine zweite Natur. Als Entschuldigung hat er nur vorzubringen, dass er die Reichen schon immer beneidet hat. Wer täte das nicht? Auch Mecha hat keinerlei Reiz auf mich ausgeübt. Eine Frau muss schon sehr masochistisch veranlagt sein, wenn sie einen Mann das ganze Leben lang liebt, der sich nach einer gemeinsamen Nacht mit ihrer Perlenkette aus dem Staub macht. Neben Max und Mecha geht es in dem Buch vor allem um Tango und Schach, Tango wegen Max‘ Beruf als Eintänzer und Schach, weil sich Max‘ und Mechas Sohn als Schachgenie entpuppt. Unglücklicherweise sind dies beides nun Themen, die mich selbst nicht im Geringsten interessieren, und leider vermochte der Autor auch kein Interesse dafür zu wecken. Ich kann mich wirklich nicht erinnern, dass ich mich vorher mal nicht auf das Lesen bei der Bahnfahrt gefreut habe, aber bei diesem Buch war es tatsächlich der Fall. Das Cover des Buches ist sehr gelungen gestaltet und weckt mehr Sehnsucht und Wehmut als der ganze Inhalt des Buches. Dies und die Biographie des Autors hatten mich wesentlich mehr erwarten lassen.