Viel Luft nach oben

Voller Stern Voller Stern Voller Stern Leerer Stern Leerer Stern
marcello Avatar

Von

"Dreimal schwarzer Kater" handelt von dem französischen Polizisten Gilles Sebag, der mit seinem Job nicht mehr zufrieden ist. Ausgerechnet im Hochsommer, kurz vor Urlaubsbeginn, widmen er und seine Kollege sich zwei mysteriösen Vermisstenfällen, die anscheinend zusammenhängen. Also auch noch eine mögliche Verbindung zu einem Leichenfund hergestellt wird, wird sogar ein Kollege aus Paris hinzugezogen. Gilles sieht sich fortan in einem Wettkampf mit ihm und dringt immer mehr in die Abgründe des Falls ein...
"Dreimal schwarzer Kater" macht es dem Leser wirklich nicht leicht, dass man direkt von Anfang bedingunslos gefangen ist. Gleich zu Beginn bekommt man einen Mann präsentiert, der vom Leben enttäuscht ist: seines Berufs überdrüssig, getroffen, dass sich seine Kinder immer weiter von ihm entfernen, Lustlosigkeit und einiges andere zusätzlich. Da erschrickt man regelrecht, dass dieser Mann nun der die Handlung tragende Protagonist sein soll. Hinzu kommt dann noch, dass auch ansonsten kaum Spannung aufkommt. Der Prolog ist vertraulich aufgebaut, auch hier nichts von Spannung zu sehen und auch die Kapitel aus Sicht des Entführungsopfers sind harmlos, nicht eindrücklich genug. Wenn man dann beginnt sich mit Gilles abzufinden, weil man bemerkt, dass er als Ermittler doch ein ausgezeichnetes Näschen hat, beginnen wiederum andere Aspekte zu stören.
Die Art wie die Polizeiarbeit dargestellt wurde, war überhaupt nicht meins. Es werden einem zig Namen von anderen Ermittlern um die Ohren geworfen, aber Hintergrundinformationen bekommt man über diese so gut wie keine, so dass sie bloß Namen bleiben. Selbst der so genannte Partner bleibt regelrecht auf der Strecke, so dass "Dreimal schwarzer Kater" zur One-Man-Show wird. Auch die Ermittlungsergebnisse, die andere Kollegen erzielen, werden erzähltechnisch überhaupt nicht gewürdigt, sondern nur in Nebensätzen ruckzuck abgearbeitet. Es ist in Ordnung, dass Sebag im Mittelpunkt steht, aber so wirkt es einfach, als ob alle unfähig sind, nur Gilles weiß seinen Job zu tun. Das finde ich unglaubwürdig präsentiert!
Ein weiterer negative Aspekt ist, dass der Fall erst sehr, sehr spät interessant wird. Das liegt an vielen Aspekten, aber vor allem daran, dass Gilles Privatleben viel Erzählzeit einnimmt. Das stört mich normalerweise auf die Dauer, aber hier hat sich das Geheimnis um Claire regelrecht zum wahren Spannungsfaktor entwickelt, bei dem man lieber Zeuge war als beim eigentlichen Kriminalfall. Spät zieht die Spannung dann auch endlich im eigentlichen Fall an. Es erweist sich, dass Gilles als Protagonist durchaus eine Geschichte tragen kann. Er wächst dem Leser mehr und mehr ans Herz, weil man merkt, dass er Herz hat, einen Sinn für Gerechtigkeit und stets den richtigen Riecher. Seine Ermittlungsarbeit ist schlüssig, sicherlich unspektakulär, aber führt letztlich verdient zum Erfolg.
So kann ich letztlich doch noch mit diesem Krimi aus Frankreich versöhnt werden. Aber als Fazit bleibt, dass der Einstieg wirklich misslungen ist. Hauptfigur und Handlung werden langatmig präsentiert, Spannung kommt nicht da auf, wo sie aufkommen müsste und die Darstellung der Polizeiarbeit ist unglaubwürdig. Aber Gilles Sebag hat Potenzial. Wenn alle einzelnen Aspekte besser zusammenspielen, dann kann sich diese Reihe um Sebag als lesenswert erweisen.