Ein Roman wie ein Hipster: nicht hässlich, aber ohne Ecken und Kanten.

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ismaela Avatar

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Das Cover dieses Buches und der Klappentext haben mich neugierig gemacht (ich liebe Reiseberichte und -romane aller Art); die Geschichte an sich war dann doch etwas ernüchternd.
Felix verschwindet gen Kambodscha, zuerst für einen Trip der etwas anderen Art, danach verliert sich seine Spur, denn der Kontakt bricht ab. Die recht dominante und irgendwie omnipräsente Mutter von Felix lauert seinem besten Freund und namenlosen Ich-Erzähler in einem Parkhaus auf und bettelt ihn an, ihren Sohn zu suchen. Dieser zögert zwar erst - seine Freundin ist nicht begeistert von der Suchaktion und ausserdem ist er nicht gern längere Zeit weg von zu Hause - aber dann fliegt er doch und macht sich auf die Suche. In Kambodscha angekommen, fragt er sich mit Hilfe von Fotos durch, lernt Aussteiger und seltsame Inseln kenne, und macht letztendelich eine Entdeckung, die er so nicht erwartet hätte.

Was hat mich nun genau gestört?

Im Prinzip zwei Dinge:

1. Die hündische Ergebenheit des Ich-Erzählers bezüglich seines Freundes Felix
2. Diese aalglatte Geschichte, die wie ein Vorführraum in einem Schickimicki-Möbelhaus wirkt

Felix ist ein extrem unsympathischer Zeitgenosse, abgebrüht, massivst manipulativ, grausam, ignorant. Trotzdem folgt ihm der Ich-Erzähler durch ihre gemeinsame Kindheit und Jugend mehr oder weniger blindlings, und huldigt nahezu jeder Tat und jedem Wort seines großen Idols. Ab und an hinterfragt er auch einzelne Handlungsweisen von Felix, aber am Ende läuft es immer in bedingungslosem Gehorsam und Folgsamkeit aus.
War Friedemann Karig in Kambodscha, um für dieses Buch zu recherchieren? Ich habe nicht extra nachgeforscht, ob das so war oder nicht, aber die Beschreibungen über dieses Land in "Dschungel" beschränken sich auf ein paar wenige Stichpunkte, die man so in jedem x-beliebigem Reiseführer findet: tolle Strände und Landschaften, aber immer die Gewaltherrschaft der Roten Khmer im Hintergrund, die noch immer ihre Schatten auf Land und Leute werfen. Und immer wieder diese unglaubwürdigen Szenen, die diese Geschichte so nichtssagend machen. Laut Klappentext wird der Ich-Erzähler fast von einem Piraten getötet - falls damit der verkorkste (und völlig absurde) Drogenbeschaffungstrip gemeint ist: nein. Einfach nur nein. Und das "dunkle Geheimnis", das Felix und sein bester Freund seit ihrer Kindheit/Jugend teilen? Wird auf den letzten Seiten angeschnitten - ich verrate nicht, um was es sich handelt, aber wenn ich erwähne, dass dieses Geheimnis eines ist, das in der Literatur (und im Film) schon so dermaßen ausgelutscht und totgeritten wurde, weiß man und frau vielleicht eh schon, was es wohl war.
Auch diese ständig semi-philosophierenden Dialoge aller (!) Protagonisten; die Protagonisten überhaupt, die wie von einer Abhakel-Liste wirken: der aussergewöhnliche beste Freund, die aussergewöhnliche Freundin, die aussergewöhnliche Inselschönheit (mit der der Ich-Erzähler dann natürlich prompt fremdgeht), der aussergewöhnliche Kiffer, der aussergewöhnliche Nerd etc. - und dazu noch diese Bio-Öko-Empfindungen, die thematisiert werden, die Aussteiger, die natürlich alle in Love & Peace & Schlagmichtot leben, diese seltsame und verblödete Entscheidung, die der Ich-Erzähler am Schluss seiner Reise trifft...

Wie gesagt, ich fand die Geschichte nicht schlecht, nur ist sie leider so nichtssagend-weichgespült, dass am Schluss, wenn man das Buch zuklappt, irgendwie überhaupt nichts hängen bleibt. Ausser vielleicht die Augen, weil man sie so oft verdrehen musste.