intelligent, spannend, konsequent

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helena Avatar

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Ein Abenteuerroman. Ein Travellerroman. Ein Roman über eine Jungen- bzw. Männerfreundschaft. Ein Selbstfindungsroman.
Der Roman ist aus der Ich-Perspektive des Freundes von Felix geschrieben. Felix ist verschwunden und dessen Mutter Dorothée drängt den Ich-Erzähler, ihn in Kambodscha zu suchen. Ein Flugticket hat sie schon gekauft. In jeweils sich abwechselnden Kapiteln wird nun einerseits die abenteuerliche Suche nach Felix und andererseits die Entstehung und Entwicklung ihrer ambivalenten, intensiven und ebenfalls abenteuerreichen Freundschaft beschrieben. Die beiden kennen sich seit sie 7 Jahre alt sind und haben so einiges gemeinsam erlebt.
Am Rande spielt auch Lea, die Freundin des Ich Erzählers und deren Liebesgeschichte eine kleine, aber nicht unwesentliche Rolle.

Felix lernt man vorrangig durch die Augen des Ich Erzählers kennen. Dieser steht sehr loyal zu Felix und bewundert ihn auf eine Art. Aber auch durchs Lea Augen lernt man Felix kennen, sie hingegen sieht ihn eher kritisch und nüchtern und fordert ihren Freund auf, doch auch mal genauer hinzuschauen.
Felix erscheint auch mir manches Mal unsympathisch und teilweise wurde ich wirklich wütend auf ihn, aufgrund seines unfairen Verhaltens. Andererseits tat er mir auch wiederum leid, in Bezug auf seine Eltern, die er selbst sogar hasst. Der Ich Erzähler war mir hingegen erstmal sympathisch. Nach und nach werden aber auch seine Schwächen deutlich.
Auch die Freundschaft der beiden hat verschiedene Seiten und ist geprägt von Schweigen,wenn es um die wichtigen Themen geht.

Die Figuren und ihre Beziehung zueinander sind komplex, vielschichtig und facettenreich dargestellt. Sie wirken lebendig, interessant und grundsätzlich glaubhaft.
Trotzdem finde ich das sich verändernde Verhalten des Ich-Erzählers während seiner Suche (ich möchte hier nicht allzu tief ins Detail gehen, um nicht zu viel zu verraten) schwer nachvollziehbar. Hier fehlt mir entweder die deutlichere Herausarbeitung eines Wendepunkts oder eine mir einleuchtendere Erklärung über diesen schleichenden Prozess.

Neben den Abenteuern, die bestanden werden müssen, den kurzen interessanten Einblicken in Kambodscha (die ruhig etwas mehr hätten sein können), die Skizzierung von Backpacker Touristen und Aussteigern und einer leisen Kritik am Tourismus geht es letztendlich vor allem um die innere Suche nach sich selbst. Es geht um die Selbstfindung der Hauptfiguren: "Wer bin ich? Was ist das Ich? Das Selbst? Die Identität? Die Seele? Wer sind wir, wenn nicht Spiegelungen im Bewusstsein der anderen?" ( S. 379). Und es geht um den Wunsch nach Erlösung durch Bewusstwerdung von verdrängten oder auch trügerischen Erinnerungen. Aber: "Erinnerungen sind banal. Und heilig. Sie sind das Einzige, was wir haben. Sie formen mich zu dem, der ich bin. Ich forme sie zu dem, der ich sein will. Aber sie können mich auch verfluchen." (S. 338).

Der Roman ist durchweg sehr spannend erzählt. Karig schlägt einen frischen, sehr unterhaltsamen und durchaus auch witzigen Ton an. Stil und Sprache des Buchs sind dem Inhalt und den jungen Haupfiguren gut angepasst. Es gibt ein paar stilistische Spielereien und einige bekannte Songs begleiten den Ich -Erzähler auf seiner Reise.
Die Atmosphäre ist dennoch hin und wieder recht düster und etwas unheimlich. Ein bisschen erinnert es zeitweise an "The Beach": - verborgene Inseln, Strand, Backpacker, Hippies, Drogen.

Das konsequente Ende liess mich dann etwas schockiert und atemlos zurück.

Leseempfehlung!