Ein Workshop, der neue Ideen gibt - aber auch Zeit benötigt

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adel69 Avatar

Von

Wer das Buch

==Du bist ein Künstler==

von

==Nick Bantock==

liest, sollte wissen, dass er es hier nicht mit einem herkömmlichen Ratgeber zu tun hat. Es ist also kein Buch, das ich Kapitel für Kapitel durchlesen kann und das mir Ratschläge gibt.
Nein, Nick Bantock geht einen Schritt weiter.
Der Leser soll sich mit Bleistift, Lineal, alten Briefmarken, Papier und weiteren Hilfsmitteln "bewaffnen". Hilfsmittel, die der Autor so nach und nach in den einzelnen Kapiteln benennt. Denn was er hier bietet, ist mehr als ein Ratgeber. Er bietet dem Leser einen Workshop an. Quasi eine Art Kurs, in dem gemalt und gebastelt wird, um vorhandene Kreativität zu erhöhen. Und um Lesern, die meinen, sie besäßen keine Kreativität, zu zeigen, dass sie es doch tun - wenn sie seinen Übungen und seinen Gedanken folgen.

==Meine Erfahrungen==

===Aufmachung===
Nehme ich das Buch zur Hand, merke ich, dass es schwerer ist, als ich dachte. Schwer? Wie können 207 Seiten schwer sein?
Sie sind schwer, weil die Seiten aus hochwertigem Papier gefertigt sind. Das ist kein leichtes "Romanpapier", das ist dickes Papier, wie ich es beispielsweise in Bildbänden finde.
Viele Bilder sind in dem Buch vorhanden - Farbbilder, Collagen, immer wieder farbige Illustrationen zwischen dem Text. Da lohnt sich alleine das Durchblättern, um entzückt zu sein. Was für ein liebevoll aufgemachtes Buch!

Ja, da werden Erinnerungen wach. Ich denke an die Bücher rund um Griffin und Sabine, die einen Briefwechsel hatten. Es wurden Briefe und Karten hin- und hergeschickt, alle liebevoll hergestellt und in drei wunderbaren Büchern verewigt. Ich besitze diese Bücher und hüte sie wie meinen Augapfel.
Diese Tradition setzt Nick Bantock in seinem Buch "Ich bin ein Künstler" fort. Sieht man die schönen Bilder, blättert man durch dieses Buch, dann macht ein Workshop, der ja auch mit Arbeit verbunden ist, gleich doppelt so viel Spaß.


===Der Schreibstil===
Die Kapitel lassen sich zügig lesen. Aber halt - ich soll das Buch ja nicht "runterlesen", ich soll damit arbeiten, ich soll meine Kreativität steigern. Denn, dass ich kreativ bin, weiß ich.
Nick Bantock duzt seine Leser nicht, wie man es aus Büchern über PC-Programme oder PC-Anwendungen kennt. Nein, er siezt den Leser. Nüchtern ist seine Sprache, aber doch ausschmückend, gespickt mit Beispielen, die für mich nachvollziehbar sind. Diese Beispiele sollen helfen, eine Vorstellung darüber zu bekommen, welche Übung man jetzt genau machen soll.


===Die Übungen===
Das Buch hat 49 Kapitel - und in jedem steckt eine Übung. Die Übungen dauern manchmal nur einige Minuten - aber manchmal auch einige Stunden.
So dauert es beispielsweise nur drei Minuten, die Gehirn-Locker-Mach-Übung aus Kapitel drei anzuwenden. Ich benötige ein Blatt Papier und einen Bleistift und zeichne einen Kreis und sonstige Dinge, die der Autor vorgibt und die für mich einfach zu zeichnen sind.

Andere Übungen, wie die aus Kapitel 7 beispielsweise, benötigen mehr Zeit und Fantasie. Ich muss mir überlegen, wie ich ein eigenes Land aufbauen würde. Der Autor gibt mir durch seine Fragen einige Hinweise, woran ich denken muss und was mir dazu einfallen sollte. Die gesamte Ausarbeitung und Lösung dieser Aufgabe dauert allerdings drei bis vier Stunden. Man sollte solch eine Übung also an einem Wochenende durchführen, an dem man Zeit findet, ungestört zu sein. Denn solch eine Übung fördert nicht nur die Kreativität - sie hat auch eine entspannende Wirkung. Sie machte mich ruhiger und ließ mich gedanklich in Welten abtauchen, die ich normalerweise nicht kenne. Allerdings konnte ich diese Übung nicht an einem Stück durchführen - ich wurde ständig unterbrochen durch irgendwelche Alltagsdinge.

Der Autor arbeitet mit Collagen - also Bildern, die er aus verschiedenen Materialien, die er beispielsweise in kleine Stücke reißt, zusammensetzt. Es gibt mehrfach die Anregung, Briefmarken zu zerreißen, um deren Stücke zu Collagen zusammenzusetzen. Ich möchte keine Briefmarken zerreißen, das widerstrebt mir. Deswegen habe ich einen anderen Weg gewählt. Ich scanne Briefmarken ein, lasse dann das gescannte Bild ausdrucken - und habe dann die Möglichkeit, gescannte Briefmarken so zu zerreißen, wie der Autor es will.
Im Moment habe ich alle 49 Übungen noch nicht durchgeführt. Da einige Übungen einige Stunden benötigen, werde ich auch noch einige Wochen benötigen, um das Buch vollständig durchzuarbeiten. Sicher ist allerdings folgendes: ja, die Übungen sind gut für die Kreativität, denn sie bringen mich auf neue Gedanken, die ich so noch nie hatte. Die Übungen sind entspannend, denn sie machen Spaß. Aber sie dauern auch ihre Zeit - und diese Zeit sollte sich der Leser nehmen.


==Mein Fazit==
Nick Bantocks Buch "Du bist ein Künstler" ist eine Art Kurs zur Förderung der Kreativität. Es ist ein Kurs, der schön gestaltet ist, der Platz findet in einem Buch, das in jeden Bücherschrank passt. Dieser Kurs kostet auch nicht so viel Geld wie viele andere Kurse, die mit künstlerischem Schaffen zu tun haben.
Allerdings sollte man sich als Leser auch bewusst sein. Dieser Kurs - oder auch "Workshop", wie der Autor sagt - erfordert Zeit, Ruhe und Geduld.
Ich vergebe 4 Sterne und eine Lese- und Kaufempfehlung für diesen wunderbar illustrierten Workshop!