Entdeckung aus den Niederlanden

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singstar72 Avatar

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Aus den Niederlanden kommen immer mal wieder innovative und experimentierfreudige Bücher hervor… Zuletzt erinnere ich mich da an „Oben ist es still“ von Gerbrand Bakker. Ich glaube, in Deutschland laufen wir – leider – mit einer Art Scheuklappe herum, was die Publikationen in anderen Ländern angeht…!

Diese Leseprobe hat mich schon auf eine gewisse Art fasziniert. Wenngleich mir der Held auch nicht hundertprozentig sympathisch war – ich begann, ihn ansatzweise zu verstehen. Und hinterfragte mich gleichzeitig dabei. Wie kann man einen Gewalttäter verstehen?? Ein ähnliches Gefühl hatte ich zuletzt bei „Lolita“ von Nabokov. Hier wird in einen seelischen Abgrund geblickt. Und man weiß ja – nach einer Weile blickt der Abgrund in dich zurück…

Sehr gut kam die Eintönigkeit des Alltags und die seelische Erlebnisarmut des Erzählers rüber. Als Kind hatte er ein grauenhaftes Erlebnis… der Unfall seines Vaters. Das entschuldigt zwar nichts – bildet aber eine entscheidende Rahmenbedingung. Dann folgten seelische Vernachlässigung, stumpfes Arbeiten, und schlussendlich die Beziehung zu seiner Frau. Die große Liebe war das nicht – aber es war besser als nichts.

Warum schreibt der Erzähler eigentlich? Das ist mir noch nicht ganz klar. Ist es ein Rückblick? Eine Beichte, im Gefängnis geschrieben? Für wen schreibt er? Zumindest ist er sich selbst auf der Spur. Er wehrt zwar die Eigenverantwortung seines Handelns – noch – ab, sieht aber doch, dass da Bedingungen waren. Und die hätte er auch anders nutzen oder füllen können. Aber so weit ist er noch nicht. Ich glaube, er weht sich noch gegen die Einsicht in seine Schuld.

Gerne würde ich wissen, wie das Ganze endet…