Du hättest es wissen können

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milena Avatar

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Der Roman der Autorin Jean Hanff Korelitz ist außerordentlich lesenswert. Ich kannte bislang kein Buch der Autorin, war deshalb auch auf eine neue Entdeckung gespannt, da mir der Sprachstil in der Leseprobe schon sehr gut gefallen hat. Sicherlich kann man einwenden, dass die Romanhandlung schnell sehr durchsichtig wird, aber aufgrund der hohen literarischen Begabung der Autorin boten sich immer wieder feine Überraschungen, die der Geschichte dann doch noch eine neue Wendung gaben. Im Mittelpunkt steht Grace Reinhardt Sachs, erfolgreiche Paartherapeutin, mit einem ebenso erfolgreichen berühmten Kinderarzt verheiratet, Mutter eines begabten Sohnes, der auf eine renommierte Schule geht. Grace steht kurz vor der Veröffentlichung eines Beziehungsratgebers mit dem Titel "Du hättest es wissen können" den sie auch zum Titel ihres eigenen Buches gemacht hat. Dementsprechend groß ist das Interesse der Journalisten an ihr und ihrem Buch. In dieses perfekte Manhattaner Eastside Leben bricht eine Katastrophe hinein. Die Mutter eines Mitschülers wird ermordet, die Polizei stellt ihr merkwürdige Fragen. Ihr Mann Jonathan ist verschwunden und es zeichnet sich ab, dass es im Leben des Paares mehr gibt als Grace weiß. Langsam fügen sich aber einzelne Bausteine zusammen und Grace kann sich einige Dinge zusammenreimen. Am Ende der Ermittlungen steht sie vor dem Scherbenhaufen ihrer bürgerlichen Existenz und muss sich eingestehen, dass sie es hätte wissen können. Die Geschichte ist raffiniert konstruiert, sprachlich virtuos erzählt und hat viele Leser verdient. Was mich darüber hinaus besonders beeindruckt hat, ist die Rolle, die die Journalisten in diesem Roman spielen. Es wird beeindruckend dargestellt, wie eine Person vom gesuchten Interviewpartner zum gehetzten Opfer einer aufgebrachten Journalistenmeute werden kann.