Lebenslügen

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luna66 Avatar

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Grace Reinhardt Sachs lebt auf der Sonnenseite des Lebens - so scheint es zumindest. Sie arbeitet als Paartherapeutin, hat eine erfolgreiche Praxis in Manhattan, einen liebevollen Ehemann, der als Onkologe tätig ist und einen bezaubernden Sohn. Selbstverständlich besucht Henry, der Sohn, eine angesehene Privatschule in New York. Grace hat sogar ein Buch geschrieben mit dem bezeichnenden Titel "Du hättest es wissen können", mit welchem sie anderen Leuten Ratschläge bei Beziehungsproblemen gibt. Graces Theorie besagt, dass die Ursache fast aller Beziehungsprobleme darin besteht, dass man vor den offensichtlichen Fehlern des Partners die Augen verschließt, d.h, man "hätte eigentlich wissen müssen", woran eines Tages die Partnerschaft scheitern wird.

Ganz plötzlich, sozusagen aus heiterem Himmel, stürzt Graces heile Welt ein, und sie, die so vielen Leuten Rat in Beziehungsfragen gab, muss erkennen, dass ihre Ehe eine große Lüge war. Ihr Ehemann Jonathan ist nicht der Mann, den sie zu kennen glaubte. Es ist bewegend und spannend geschrieben, wie es Grace allmählich gelingt, aus dem Abgrund, in den sie gestürzt ist, herauszukommen. Sehr glaubwürdig fand ich die Schilderungen von Graces Angst davor, Henry mit der bitteren Wahrheit zu konfrontieren.

Schade, dass Jonathan nur in Erinnerungen und Erzählungen anderer auftaucht, dadurch bleibt er als Person sehr vage. Das Motiv für den Mord bleibt irgendwie auch etwas obskur, wobei ich den Mord als solchen überhaupt als etwas "dick aufgetragen" und irgendwie unstimmig empfand. Als Krimi funktioniert das Buch meines Erachtens nach nicht, wohl aber als dramatische Selbstfindung einer modernen Frau.

Für dieses Lesevergnügen vergebe ich 4 Sterne!