Du sollst Deine Leser auf die Folter spannen

Voller Stern Leerer Stern Leerer Stern Leerer Stern Leerer Stern
wolfgangb Avatar

Von

Schleichend, wachsam, gefährlich, wie ein Jäger auf Beutezug, so beginnt der neue Roman von Peter James. Und verführerisch nimmt er seine Leser an der Hand, um sie mit auf eine Jagd zu nehmen, in der nichts wild und alles das Ergebnis kühler Berechnung ist.

Pervers-perfektionistisch, so lernt man den Mörder kennen, um den sich die Geschichte dreht. Er ist ein furchteinflößendes Raubtier, der die Ungewißheit als seinen Verbündeten zu nutzen weiß. Er kontrolliert die Situation, ist seinen Opfern in jedem Augenblick überlegen, das macht ihn so gefährlich. Er ist getrieben von einer sich rationaler Logik entziehenden Besessenheit, die ihn der Empathie entrückt, das macht ihn so unberechenbar. Er lauert im Verborgenen, schlägt zu, verschwindet wieder, das macht ihn so effizient.

Vom grauen Dauerregen in viktorianisch geprägten Gassen, vom Bezug auf Lady Diana bis hin zur penibel einzuhaltenden Tea-Time, ganz bewußt strapaziert der Autor britische Klischees beinahe bis zur Karikatur. Sein Antagonist wirkt dabei wie ein taxifahrendes Zerrbild eines John Steed, dem ein im eigenen Chaos versinkender Ermittler entgegengestellt wird. Wenn der Leser reflexartig den Regenschirm aufspannen oder unbewußt nach Mint-Cookies greifen will, ist das Ziel erreicht, der Lesesessel in einen unsichtbaren royalen Gobelin gehüllt.

Die Geschichte selbst lebt vom ständigen Perspektivenwechsel, der eine atemberaubende Spannung erzeugt. Das Licht fällt dabei immer nur auf einen kleinen Ausschnitt der im Roman aufgespannten Wirklichkeit, stets nimmt der Leser durch die Augen der gerade aktuell erzählten Figur war, niemals vermag er das große Ganze zu erkennen. Peter James erweist sich als ein schriftstellerischer Wolf im Schafspelz, der seinen Rezipienten Scheuklappen als Lesebrillen verkauft und die Neugierde weckt durch das, was dieser nicht sieht.