Du

DU hast viele Gesichter

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metalpanda Avatar

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Du bist "der Reisende" und tötest scheinbar wahllos 26 Menschen in einem Stau auf der schneeverwehten Autobahn. Doch dann passiert ein Ortswechsel und du sitzt vor deinem toten Bruder Oskar, der unter mysteriösen Umständen mitten im Sommer erfroren ist. Wieder ein Szenenwechsel - und du bist Teenagerin Stinke, die mit einem Jungen vor dem Kino flirtet.

Zoran Drvenkar wählt ungewöhnliche stilistische Mittel für seinen Roman – die „Du“-Form der Erzählung aus der Perspektive vieler Charaktere, ständige Ortswechsel, kurze Kapitel sowie ebenfalls kurze, trockene, abgehakte Sätze. Es ist zunächst nicht leicht, sich in die Erzählung einzufinden. Die Vielzahl der Charaktere lässt sich nicht sofort zueinander einordnen, doch im Laufe der Erzählung wird alles klar – oder doch nicht. Denn die Welt in „Du“ besteht aus Lügen und Intrigen und ist alles andere als heil. Drogen, Gewalt, Inzest – DU bleibst nicht verschont, wenn du erstmal in diesen Strudel gerätst.
So passiert es der Mädchenclique – erst verschwindet eins der Mädchen, doch als ihre Freundinnen sie finden und ihr aus dem Schlamassel, in das sie hineingeraten ist, helfen wollen, geraten sie alle viel tiefer hinein, als es denen lieb ist…

Die Geschichte ist hart und gewiss nichts für Zartbesaitete. Die häufigen Szenenwechsel erfordern zudem konstant die ganze Aufmerksamkeit und wirken etwas ermüdend. Gerade in der zweiten Hälfte wirkt der Roman deshalb etwas langatmig, mit überflüssigen Dialogen und in der Länge gezogenen Erlebnissen auf der Flucht gespickt. Zudem wirkt es auf mich befremdlich, dass 16-jährige deutsche Mädchen zum Einen hervorragend Auto fahren können, unterschiedliche Modelle, unter anderem schwergängige Geländewagen, und ihnen damit die grenzüberschreitende Flucht problemlos gelingt, und es zum Anderen keinen aus ihrer Verwandtschaft stutzig zu machen scheint, dass sie auf einmal weg sind. Als einem Mädchen etwas ganz Schlimmes zustößt, werden in einem Nebensatz ihre Eltern erwähnt – der Rest der Mädchengang fährt ungehindert weiter.

Die Idee, DICH zum Teil der düsteren Geschichte zu machen, ist interessant, die Umsetzung teilweise spitze gelungen, stellenweise leider nur mittelmäßig. „Du“ ist auf jeden Fall lesenswert, jedoch nichts für Leute mit schwachen Nerven und als ein ernstzunehmendes Werk – nicht als entspannte Urlaubslektüre für nebenbei.