Durchschnittskost aus Island

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mrs-lucky Avatar

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In dem isländischen Thriller „Dunkel“, Auftakt einer Trilogie des Autors Ragnar Jónasson, steht Kommissarin Hulda Hermannsdóttir im Mittelpunkt der Geschehnisse. Wenige Monate vor ihrem offiziellen Ruhestand soll sie adhoc ihren Arbeitsplatz bei der Polizei Reykjavík räumen, um einem jüngeren aufstrebenden Kollegen den Weg frei zu machen. Sie kann sich einen kleinen Aufschub erkämpfen und als letzten Fall einen Cold Case auswählen. Hulda muss nicht lange überlegen, denn es gibt den Fall einer ums Leben gekommenen russischen Asylbewerberin, bei denen ihr die Ermittlungen sehr nachlässig erscheinen. Hulda muss sich bei ihren Nachforschungen beeilen, die Zeit sitzt ihr ebenso im Nacken wie die Kollegen, die ihre Einmischung in diesen Fall nicht gutheißen.
Der Thriller besitzt mehrere Erzählebenen, zum einen die Ermittlungen Huldas in dem aktuellen Fall, zum anderen ein Rückblick in die Vergangenheit zu der Geschichte eines kleinen Mädchens und ihrer Mutter. Hier verzichtet der Autor bewusst die Nennung von Namen, dennoch wird im Kontext schnell klar, von wem hier die Rede ist. Später kommen noch Kapitel hinzu, die im Tagebuchstil verfasst sind und dem Leser vermitteln, was tatsächlich damals geschehen ist.
Der Thriller und die gesamte Hulda-Trilogie sind in Island preisgekrönt, mich konnte er nicht wirklich überzeugen. Hulda ist keine einfache Persönlichkeit, auch wenn man in Verlauf viel über ihren Hintergrund erfährt, konnte ich mit ihr als Hauptfigur nicht warm werden. Sie wird zwar als sehr verletzlich charakterisiert, auf mich erscheint sie aber durch ihr Agieren sehr selbstüberschätzend, ihre Handlungen und Entscheidungen waren für mich nicht schlüssig und nachvollziehbar. So hält sie sich selbst für eine erfahrene und erfolgreiche Ermittlerin, geht aber bei ihrem letzten Fall sehr plump und unprofessionel vor. Ich habe mich beim Lesen gefragt, ob hier vielleicht Zwischentöne verloren gegangen sind, da das Buch von der englischen Übersetzung des isländischen Originals ins Deutsche übertragen wurde.
Die Handlung ist insgesamt durchaus spannend durch wechselnde Spuren und Verdächtige sowie überraschende Wendungen. Hulda hat wie viele literarische Ermittler eine dunkle Seite, auch die Handlung bietet keine ungewöhnlichen oder besonderen Themen, so dass meine Erwartungen in den Thriller nicht erfüllt wurden.