Stimmungsvoll, auf eine schwere Weise

Voller Stern Voller Stern Voller Stern Voller Stern Voller Stern
laberlili Avatar

Von

Im Falle von „Dunkelsommer“ ist der Titel Programm: Die Handlung trägt sich zwar (vornehmlich) im Sommer zu, das jedoch in einer eher abgelegenen, dicht bewaldeten Gegend Schwedens, wo die Natur schon entsprechend viel Licht schluckt – das eben selbst zu einer Jahreszeit, während der es in Schweden nahezu rund um die Uhr taghell ist. Ohnehin ist „Dunkelsommer“ auch vom Text her ein sehr düster-atmosphärischer Roman, der zum Einen den trunksüchtigen, lethargischen Lelle, der seit dem Verschwinden seiner Teenie-Tochter vor einigen Jahren Nacht für Nacht die weitere Umgebung etappenweise durchforstet, in der Hoffnung, Spuren seiner Tochter zu finden und der zum Anderen die Jugendliche Meja in den Mittelpunkt stellt, die zusammen mit ihrer Mutter eine relativ dysfunktionale Familie bildet und deren Mutter nun, quasi Hals über Kopf, gemeinsam mit ihr in diese dichte Waldregion gezogen ist, zum neuen „Lebensgefährten“ der Mutter, ursprünglich eine Onlinebekanntschaft, wobei der neue Partner auch recht schmierig und eigenbrötlerisch wirkt… letztlich wirken hier alle Figuren sehr auf sich allein gestellt und in kein gefestigtes Umfeld eingebettet, so dass es schon fast erschreckend auffällig ist, als Meja sich spontan in einen von drei Brüdern verknallt, die sie zufällig kennenlernt und deren Familiengefüge völlig solide erscheint. Auf den ersten Blick. Für den Leser scheint hier aber schon bald etwas leicht Archaisches durch – von Anfang an kann man sich zudem denken, nicht zuletzt des Klappentexts wegen, dass sich Lelles und Mejas Wege letztlich kreuzen werden. Zu unterschiedlich sind diese beiden Stränge, zu wenig haben sie zunächst miteinander zu tun als dass es sonst Sinn ergeben könnte, warum ausgerechnet diese beiden Figuren im selben Buch behandelt werden: Man ist sich auch ohne die Buchbeschreibung gelesen zu haben sehr früh sicher, dass es hier eine Schnittstelle geben muss; zudem klingt Meja sehr nach Lina, der verschwundenen Tochter Lelles, und man befürchtet frühzeitig, dass Meja drauf und dran ist, zum nächsten Opfer zu werden. Nur von welchem Täter? In diesem Roman scheinen alle ein wenig dubios zu sein; der neue „Stiefvater“ wirkt sofort besonders verdächtig, aber irgendwie bleibt zunächst alles kaum greifbar. Es ist mehr Intuition als Miträtseln gefragt – ich hatte zwar relativ früh eine ganz bestimmte Ahnung, die in die letztlich richtige Richtung ging, aber diese erschien mir auf Anhieb doch zu extrem.

Dass „Dunkelsommer“ als bester schwedischer Spannungsroman ausgezeichnet worden ist, kann ich durchaus verstehen. Dies ist in meinen Augen ein definitiv empfehlenswerter Roman für alle Leser, die düster-atmosphärische Thriller, die sich eher wie ein (Sozial)Drama abspielen, mit einem Hauch Verlorenheit und einer Prise Melancholie sehr schätzen.