Deep in the heart of Texas

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elke17 Avatar

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"Die Wälder am Fluss" sind mein Lieblingsbuch dieses Schriftstellers und endlich gibt es wieder etwas Neues aus der Feder dieses genialen Autors. Der Texaner Joe R. Lansdale beherrscht sein Handwerk und versteht es wie kein Zweiter, spannende Geschichten zu erzählen, die eigentlich von banalen Alltagssituationen ausgehen. Mich hatte er auf alle Fälle bereits nach den ersten beiden Absätzen der Leseprobe an der Angel – im wahrsten Sinn des Wortes.

Handlungsort des neuen Buches "Dunkle Gewässer" ist wie in seinen meisten Romanen der Osten von Texas, eine ärmliche Gegend, deren Beschreibung mich an die Ozarks aus den Romanen Daniel Woodrells erinnert. Hier wie dort gehen die meisten Erwachsenen keiner geregelten Arbeit nach, sondern schlagen sich, wie der Vater Sue Ellens und ihr Onkel Gene, mit Wilderei, Angeln und diversen halblegalen Jobs so durch. Aso der typische Faulenzer und "White Trash", der in halbverfallenen Hütten haust, die Tage im Suff verbringt und Frau und Kinder verprügelt, ungehobelt und nur der schnellen Befriedigung seiner elementaren Triebe lebend.

Hauptfigur dieses Romans ist, wie so oft bei Lansdale ein Teenager, die sechzehnjährige Sue Ellen, die als die Erzählerin fungiert und die Ereignisse dieses Sommers beschreibt: Sie schaut mit ihrem Freund Terry Thomas, der aus Sicht der Väter nicht unbedingt ein harter Kerl sondern eine "Schwuchtel" ist, ihrem "Daddy" und Onkel beim "Angeln" mit angeleinten Säcken, die mit grünen Walnüssen gefüllt sind, zu. Diese Beschäftigung Angeln zu nennen scheint aber leicht übertrieben, denn eigentlich werden die Fische vergiftet und müssen dann nur noch eingesammelt werden, wenn sie mit dem Bauch nach oben im Fluss treiben. In einer dieser Leinen verfängt sich nun die Leiche von May Lynn Baxter, einem Mädchen. das zur Freundesclique von Sue Ellen gehört, und das offensichtlich ertränkt wurde. Erst auf Drängen der Jugendlichen wird der Constable informiert, aber auch den scheint der gewaltsame Tod des Mädchens nicht zu interessieren.

Lansdales Stil ist einzigartig, gerade auch wenn er alte Mythen in den Plot einarbeitet, und obwohl die Luft von Gewalt durchtränkt ist, schafft er es innerhalb eines Satzes, durch die ironischen Kommentare der jungen Erzählerin selbst einer tragischen Situation eine gewisse Komik zu verleihen – wobei die Sympathien des Lesers aber immer eindeutig auf Seiten der Jugendlichen sind, die sich wesentlicher erwachsener als ihre Eltern verhalten.

Gerade letzteres ist eigentlich ein Wunder, denn wie können diese Kinder, die unter solchen Lebensumständen aufwachsen (z.B. hat die Mutter des Opfers Selbstmord begangen, Sue Ellens Vater ist ein Säufer und macht Anstalten, die Tochter zu missbrauchen etc.), zu solch starken Persönlichkeiten heranwachsen? Wer ist für den Tod von May Lynn verantwortlich? Wird es Sue Ellen schaffen, diesem Milieu zu entkommen? Und was hat es mit diesem mysteriösen Waldmenschen auf sich?

Hoffentlich habe ich bei der Verlosung Glück, damit mir die Lektüre des Buches diese Fragen beantwortet.