Dunkle Gewässer - Sue Ellen deckt auf, was verdeckt bleiben sollte

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Schöne 35 Seiten Leseprobe, dachte ich. Leider geht es auf Seite 11 erst wirklich los, also doch eine kleine Kostprobe. Und bei dieser wirklich gut geschriebenen Story ist das mehr als schade.
Sue Ellen, 16 Jahre jung, erzählt in flapsiger Jugendsprache (und einem Slang der „Hinterwäldler“, um es einmal etwas brutal auszudrücken) ihre Geschichte und damit auch die Geschichte ihrer Freunde und Familie. Sie erzählt sehr bildhaft – und ausgerechnet den Fund der Leiche ihrer Freundin May Lynn Baxter schildert sie absolut emotionslos. Das wirkt entsetzlich disillusioniert. Es zeigt aber auch, wie kaputt Sue Ellen schon ist und bei der Schilderung ihres Vaters, der Mutter und des Onkels fragt sich der Leser auch nicht, woher das wohl kommen mag. Überhaupt entdeckt man in Sue Ellens Umfeld nur Armut und soziale Abgründe. Gewalttätige Männer und sexuelle Übergriffe sind an der Tagesordnung. Die Zeiten sind hart: Farbige sind an Schulen nicht zugelassen; es interessiert aber auch niemand, ob die Kinder der Weißen zur Schule gehen. Die Story spielt also nicht in unserer Zeit, eher in den 1940er oder 1950er Jahren.
Die Leseprobe verspricht einen sozialkritischen Krimi. Joe Lansdale hat mich mit den wenigen ersten Seiten sehr neugierig gemacht. Sie vermitteln den Eindruck, dass dies ein Buch werden könnte, das lange nachklingt. Als Mann in der Ich-Form die Geschichte eines Mädchens zu erzählen, das ist nicht einfach. Dieser Autor hat das in der Leseprobe sehr gut hinbekommen. Mir gefällt die Story bisher sehr gut und ich würde extrem gern mehr davon lesen und erfahren, was Sue Ellen, Terry, Jinx und die anderen herausfinden auf ihrem Trip nach Hollywood.