White Trash

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buecherfan.wit Avatar

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Joe R. Lansdales Roman "Dunkle Gewässer" ("Edge of Dark Water") spielt im Osten von Texas. Eines Tages ist Ich-Erzählerin Sue Ellen Wilson, 16, mit ihren Freunden Terry Thomas und Jinx Smith am Sapine River, wo ihr Vater Don und sein Bruder Gene mit für Fische giftigen grünen Walnüssen Fische fangen. Als sie die Säcke mit den Nüssen aus dem Wasser ziehen wollen, hat sich die mit Draht gefesselte Leiche eines jungen Mädchen darin verfangen. Es handelt sich um die wunderschöne May Lynn, eine Freundin der drei anderen. Terry holt Constable Sy Higgins, der die Leiche abtransportiert, jedoch keinerlei Interesse an der Aufklärung des Verbrechens zeigt - schon eher an der Nähmaschine, mit der die Leiche beschwert war. Nur die drei Freunde trauern um das tote Mädchen und nehmen an der Beerdigung teil. Sie beschließen, zu May Lynn nach Hause zu gehen, um die Erinnerung an die Freundin noch ein wenig wach zu halten. Unterwegs erzählt ihnen Jinx von dem Halbindianer Skunk, der früher Fährtenleser war und inzwischen ein eiskalter Killer ist. Er lebt wie ein Wilder in den Wäldern und wird von allen gefürchtet.
Der Romanauftakt präsentiert dem Leser ein ländliches, zurückgebliebenes Amerika, wie man es schon aus anderen Romanen kennt, zum Beispiel Philip Meyer, Rost, Gillian Flynn, Finstere Orte oder Melanie Rae Thon, Das zweite Gesicht des Mondes. Ich-Erzählerin Sue Ellens Familie gehört zur armen weißen Unterschicht, die in den USA White Trash genannt wird (weißer Abschaum). Der Vater trinkt genauso wie sein Bruder Gene oder Constable Sy Higgins, verprügelt seine Ehefrau und seine Kinder, um sich Respekt zu verschaffen und geht keiner geregelten Tätigkleit nach. Außer Trinken und Tabakkauen sind Fischen und Fallenstellen seine einzige Beschäftigung.. Alle weißen Männer in diesem Romanausschnitt sind Rassisten und verachten Frauen. In diesem desaströsen Milieu muss die junge Ich-Erzählerin überleben. Umso erstaunlicher ist für den Leser, mit wieviel Witz und Klugheit sie beobachtet und ihre Lebensumstände beschreibt. Dörrfisch isst sie nicht: "Da kann man ja gleich auf der Zitze eines toten Hundes rumkauen." (S. 14). Ihren Onkel mag sie genausowenig wie ihren Vater: "Onkel Gene war so fett wie ein Schwein, hatte aber deutlich weniger Charakter." (S. 15) Der sprachliche Witz macht den vom Inhalt her düsteren Roman gut lesbar und sorgt dafür, dass die geschilderten Verhältnisse den Leser nicht deprimieren. Mir gefällt, was ich bisher gelesen habe und ich halte "Dunkle Gewässer" für eine lohnende Lektüre.