Ein großes Abenteuer

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murksy Avatar

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Sue Ellen begleitet wie so oft ihren Vater beim Schwarzfischen. Doch dieses Mal macht die kleine Gruppe einen anderen Fang. An eine Nähmaschine gebunden finden sie die Leiche eines Mädchens. May Lynn war schön, von den Männern begehrt und sie hatte einen Traum: Hollywood. Jetzt war sie tot. Und die erwachsen Männer hätten die Leiche gerne wieder im Fluss versenkt, wären die jugendlichen Freunde der Toten nicht eingeschritten. Also wird die Leiche geborgen und der örtliche Polizist informiert, der sich aber auch keine Arbeit machen will. Also wird das tote Mädchen zwar beerdigt, aber niemand will ihren Tod aufklären. Sue Ellen und ihre Freunde, Terry und Jinx, schmieden einen tollkühnen Plan. Sie wollen die Leiche ausgraben, verbrennen und mit der Asche auf einem Floß nach Hollywood fahren, damit May Lynn ihren Traum im Tode verwirklichen kann. Doch als die Drei im Zimmer der Toten deren Tagebuch finden, erfahren sie von Geld, das May Lynns mittlerweile verstorbener Bruder gestohlen hatte. Also suchen sie zuerst das Geld, bevor sie aufbrechen. Doch auch Sue Ellens Onkel und der korrupte Polizist wollen an das Geld. Als auch noch Sue Ellens Mutter beichtet, dass ihr Vater gar nicht ihr Vater ist, beginnt die chaotische Reise, der sich auch die alkoholkranke Mutter anschließt. Doch die Flucht bleibt nicht ohne Folgen. Nicht nur die wütenden Männer jagen die Floßpartie, sondern auch Skunk, ein sagenumwobener Killer aus den Sümpfen, der seinen Opfern immer die Hände abhackt. Was folgt ist ein grandioses Abenteuer voller Lebensbeichten, Gewalt, Blut, aber auch jeder Menge skuriller Begebenheiten und viel Humor.

Es gibt sie, diese Augenblicke im Leben einer Leseratte, die unvergesslich sind. Wenn man die letzte Seite umgeblättert hat, hofft, dass das Wunder noch nicht zu Ende ist, dann das Buch langsam zuschlägt und man verträumt auf den Buchdeckel schaut. Man hält ein Meisterwerk in den Händen, das einen gefesselt, begeistert, erschreckt und gefangen hat. Zeit und Raum spielen keine Rolle mehr, Seite um Seite wird umgeblättert, fiebernd nach der nächsten spannenden oder kuriosen Idee des Autors, der mit seiner Art zu schreiben und zu erzählen, alles vergessen läßt. Unmöglich, das Buch wegzulegen, nur noch ein Kapitel, dann muss ich schlafen. Schlafen? Welch absurde Idee, solange die bunte Gruppe auf wilder Fahrt über den Fluß ums Überleben kämpft und trotzdem einen trotzigen, als Rettungsanker dienenden Humor behält. Wenn der grausige Schatten des Meuchelmörders am Ufer hinter den Flüchtigen her ist oder sich die "Helden" plötzlich als Gefangene einer alten, einsamen Frau wiederfinden. Wer kann dann aufhören zu lesen? In dieser Mischung aus Odysee, Huckleberry Finn und einer literarischen Version von "Deliverance", die zeitlos als Parabel gelten kann für Mut, Aufrichtigkeit und Willen, aber auch für Vergebung, Selbstfindung und der ewigen Suche nach dem Sinn des Lebens. In den Protagonisten spiegelt sich die Hoffnungslosigkeit einer verlorenen Gesellschaftsschicht wieder, die beherrscht wird von Armut und Rassismus. Von Menschen, die sich aus dieser Hoffnungslosigkeit befreien, versuchen einen Traum zu leben und einmal in ihrem Leben etwas Sinnvolles, Menschliches zu tun. Das Buch ist traurig und humorvoll, brutal und überraschend. Eine Offenbarung, eines der besten Bücher, die ich je gelesen habe. Viel mehr als ein Abenteuerroman oder ein schlichter Krimi. Dies ist das, was mich zum Lesen bringt und mich immer wieder Bücher aufschlagen läßt, in der Hoffnung eine solche Perle zu entdecken. Danke!

Ps.: Ich vergebe sechs Sterne, auch wenn die nicht zu sehen sind.