Mandate einer Strafverteidigerin

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timphilipp Avatar

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Die Autorin lässt in diesem Roman – dem Genre Krimi ist das Buch m.E. eher nicht zuzuordnen – die fiktive Berliner Strafverteidigerin Eva neun Fälle aus ihrem anwaltlichen Berufsalltag schildern. Es handelt sich z.T. um recht bedeutende Mandate und der Leser wird auch mit grausamen Straftaten, z.B. Kannibalismus und Gruppenvergewaltigung, konfrontiert, so dass er das Lesen auch aushalten können muss. Umso unverständlicher mag es einem juristischen Laien erscheinen, wie sehr die Strafverteidigerin bemüht ist, vor Gericht das beste Ergebnis für ihre Mandanten herauszuholen, also milde Urteile, wenn nicht gar Freisprüche. Doch sie selbst erklärt es immer wieder: Ihr Handeln ist ein Gebot der Rechtsstaatlichkeit. Der Leser wird zum Nachdenken darüber angeregt, ob die Täter tatsächlich Schuld auf sich geladen haben oder sie unschuldig sind, ob das abschließende Gerichtsurteil gerecht oder ungerecht ist. Nur in einem Fall hat Evas Verhalten m.E. die zulässigen (auch in berufsrechtlicher Hinsicht) Grenzen überschritten, nämlich als sie einer befreundeten Mandantin Tipps gibt, wie sie eine von ihr begangene Tötung als das perfekte Verbrechen erscheinen lassen kann. Alle Fälle lesen sich leicht, ohne dass in juristisches Kleinklein eingestiegen wird. Endlich auch einmal ein Roman, in dem die Arbeit der Justiz und die in ihr verwendeten Fachbegriffe korrekt wiedergegeben werden, was wohl dem eigenen Werdegang der Autorin als Strafrechtsprofessorin geschuldet ist. Als auflockernd habe ich empfunden, dass die Protagonistin ihre Fälle oft mit Personen aus ihrem Umfeld bespricht und deren Sichtweise einfließt. Nicht zu vergessen sei, dass die Autorin es schafft, den Leser bis zuletzt durch entsprechende Spannung bei der Stange zu halten. Denn das gesamte Buch durchziehen Andeutungen auf ein Mandat Stefan Heinrich, um das es dann erst im letzten Kapitel geht.
Ich spreche eine Leseempfehlung aus.