Vom Gottes Code, dem Tod und der Liebe

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kindder80er Avatar

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Stoller möchte nicht mehr leben. Er hat das Leben satt und ist schon eine Weile dem Alkohol verfallen. Genau das hat seinen letzten geplanten Selbstmord mit Tabletten und Rohrreiniger verhindert, weil er einfach zu besoffen war, obwohl er sich lediglich Mut antrinken wollte. Ich persönlich hätte durchaus auch Bedenken wegen des Rohrreinigers, muss ich sagen und würde unkompliziertere Wege gehen, aber egal: Nach seiner durchzechten Nacht fühlt sich Stoller auf jeden Fall erst mal zu verkatert, um sich umzubringen. Trotzdem steht sein Entschluss fest: Heute, an seinem Geburtstag, wird er sich umbringen. Wenn er aufgeräumt hat, die Wohnung gut aussieht und gut riecht und er den Müll entsorgt hat (er will schließlich keinen schlechten Eindruck machen), wird es passieren. Und dann passiert etwas ganz anderes, aber ebenso Einschneidendes: Die Liebe trifft ihn wie ein Blitz während er den Müll rausbringt...

Anna, in die sich Stoller verliebt, hat allerdings auch ein Päckchen zu tragen. Sie ist Pianistin und war gefeiert bis sie sich selbst den kleinen Finger abschnitt. Als sie vor Jahren ihr Baby abtrieb, wollte sie sich damit die Schuld abschneiden. Sie spielt immer noch Klavier, aber es reicht nun nicht mehr für die großen, komplizierten Musikstücke, aber immernoch für kleinere Auftritte in Hotels. Auch wenn sie sich in Gegenwart von Stoller zunächst locker und fröhlich gibt, leidet sie unter Panikattacken und einer ganzen Menge Ängste. Zur Kompensation ritzt sie sich und möchte doch eigentlich nur Liebe.

Währenddessen glaubt Daniel Meckel, Professor für Epileptologie und Annas Bruder, eine Art Gottes-Algorithmus, den Gottes-Code, entdeckt zu haben. Völlig euphorisch feiert er seine Entdeckung in Erwartung eines Nobelpreises. Mindestens. Ein bisschen Panik hat er allerdings vor den Religionen dieser Welt, die seine Entdeckung wohl nicht überleben würden...
Durch Wellen kann er nämlich Gehirne beeinflussen und gezielt die Hirnregion ansteuern, die für den Glauben "zuständig" ist. Er will beweisen, dass sämtliche Epiphanien in der Religionsgeschichte pure Phantastereien des menschlichen Gehirns waren und sind. Dafür experimentiert er auch sehr gerne zu Hause...

Die drei Protagonisten wohnen zusammen in einem Mietshaus und treffen immer wieder lose aufeinander. Nachdem sich Stoller so plötzlich verliebt hat, begräbt er natürlich fürs erste seinen Selbstmordplan und hat prompt eine Erscheinung. Engel verkünden ihm, dass er innerhalb von drei Tagen die Welt retten muss, zudem ist er für Momente mit dem gesamten Wissen der Welt angefüllt und verspürt eine göttliche Liebe, die seinesgleichen sucht. Nach diesem Erlebnis ist er voller Energie, schläft nicht mehr und ist plötzlich achtsam und neugierig den Menschen gegenüber, die er trifft und die ihn umgeben. Diese Neugierde führt zu besonderen Begegnungen, die er als normaler Stoffel nie gehabt hätte und irgendwie macht es ihn auch zu einem "besseren" Menschen. Doch wie er nun genau die Welt retten soll, weiß er auch noch nicht...

Das Buch liest sich im Großen und Ganzen sehr gut und flüssig, lediglich einige Stellen sind etwas langatmiger. Die Geschichte an sich ist aber sehr interessant und auch philosophisch, so dass es sich sowieso nicht so einfach "wegliest". Mir hat es gut gefallen und auch nach dem Lesen gingen mir einige Denkansätze nach!