Kränkungen, Rollenzuschreibungen und mangelnde Empathie ...
Markus Stenger wird nach dem Tod seiner 12-jährigen Tochter durch einen Bombenanschlag stets damit hadern, dass er als besondere Überraschung die letzten Konzert-Karten für Sofie, seine Schwester und seine Nichte ergattert hatte. Er selbst erreicht den Tatort unmittelbar nach dem Anschlag. Im ersten Durcheinander aus Hoffnung und Vermutungen stellt sich heraus, dass der Täter Ayoub ein vaterlos aufgewachsener junger Migrant ist. Sein Anschlag folgt dem Muster vergleichbarer Taten, junge Menschen im Moment zu töten, in dem sie unbeschwert ihre Freizeit genießen. Während Tobias als Trauernder von Presse und Öffentlichkeit praktisch in Besitz genommen wird, setzt er sich mit Person, Herkunft und Männerbild Ayoubs auseinander und sucht das Gespräch mit dessen Angehörigen. Dabei scheint er zunächst den eigenen Trauerprozess und die Situation seiner Frau Kerstin zu verdrängen; Markus Therapie-Resistenz wird zu einer zusätzlichen Belastung für sein Umfeld.
Durch Sofies Klassenkameraden Tobias, dem Markus unmittelbar vor dem Konzert bei seinem Deutsch-Referat geholfen hatte, betritt Tobias Vater das Setting. Als Prototyp eines Querdenkers verbringt er nach Meinung seines Sohns für einen Erwachsenen zu viel Zeit am Smartphone, wo er sich mit allen aktuellen Kontroversen befasst - von Impfkritik bis Migration. Markus Gedanken, die dem Aufeinandertreffen der drei Familien folgen, machen Stereotype in den Medien und den Einfluss des Talkshow-Unwesens bewusst. Er grübelt über gefühltes Nichtgesehen-Werden und Kränkung junger Männer, den Einfluss von Vaterfiguren und leichtfertig hingeworfenen Parolen als Auslöser für Hassverbrechen. Die zu kindlich wirkende Darstellung 12-13Jähriger in den ersten Kapiteln fand ich allerdings unbefriedigend, selbst im Bewusstsein, dass auch Ayoub ein Kind gewesen sein kann, das die Nachrichten nur teilweise versteht.
Fazit
Anhand der Reaktion gegensätzlicher Elternfiguren auf einen Bombenanschlag zeigt Jan Costin Wagner mit großer Empathie aktuelle gesellschaftliche Konflikte, für deren Lösung genau diese Empathie nötig wäre. Indem Wagners Figuren jeweils konzentriert ein ganzes Spektrum extremer Positionen und Milieus in sich vereinen, zwingen sie seine Leser:innen, eigene Stereotype wahrzunehmen.
Durch Sofies Klassenkameraden Tobias, dem Markus unmittelbar vor dem Konzert bei seinem Deutsch-Referat geholfen hatte, betritt Tobias Vater das Setting. Als Prototyp eines Querdenkers verbringt er nach Meinung seines Sohns für einen Erwachsenen zu viel Zeit am Smartphone, wo er sich mit allen aktuellen Kontroversen befasst - von Impfkritik bis Migration. Markus Gedanken, die dem Aufeinandertreffen der drei Familien folgen, machen Stereotype in den Medien und den Einfluss des Talkshow-Unwesens bewusst. Er grübelt über gefühltes Nichtgesehen-Werden und Kränkung junger Männer, den Einfluss von Vaterfiguren und leichtfertig hingeworfenen Parolen als Auslöser für Hassverbrechen. Die zu kindlich wirkende Darstellung 12-13Jähriger in den ersten Kapiteln fand ich allerdings unbefriedigend, selbst im Bewusstsein, dass auch Ayoub ein Kind gewesen sein kann, das die Nachrichten nur teilweise versteht.
Fazit
Anhand der Reaktion gegensätzlicher Elternfiguren auf einen Bombenanschlag zeigt Jan Costin Wagner mit großer Empathie aktuelle gesellschaftliche Konflikte, für deren Lösung genau diese Empathie nötig wäre. Indem Wagners Figuren jeweils konzentriert ein ganzes Spektrum extremer Positionen und Milieus in sich vereinen, zwingen sie seine Leser:innen, eigene Stereotype wahrzunehmen.