Von der Liebe und vom Sterben

Voller Stern Voller Stern Voller Stern Voller Stern Voller Stern
toniludwig Avatar

Von


Vom österreichischen Autor Wolf Haas, 1960 im Salzburger Land geboren, erschien im Carl Hanser - Verlag nun ein (weiteres ?) autobiografisches Werk mit dem zunächst eigentümlich anmutenden Titel >>Eigentum<<.

Beschrieben wird in Rückblicken das schwere und von Armut gezeichnete Leben seiner Mutter, deren Lebenstage gezählt sind, so erschließt sich auch die Namensgebung des Buches, denn Eigentum im Kontext mit Wohlstand gab es für die Bauernfamilie in den Zeiten der Weltwirtschaftskrise gerade nicht.

Muss dies denn sein : Ein weiterer Roman über die Familie eines prominenten Schriftstellers ?

Klares JA, wenn der Autor Haas heisst und in der Lage ist, sarkastisch und dennoch liebevoll auf seine Mutter und damit verbunden auf sein eigenes Leben zurückzublicken.

Marianne Haas, Jahrgang 1923, Tochter eines Wagnermeisters (hat nichts mit Musik zu tun), ist eigenwillig, eigenartig, selbstbestimmt und auf ihre Art schrullig-liebenswert, sie zählt sich die Welt irgendwie zusammen, wie es an einer Stelle des Buches beschrieben wird.
Beim Begräbnis zählt die Wirtin die Anzahl der Beleidigungen durch sie einfach nur numerisch auf.
Wen wundert es, zehn Kinder zu Hause beim Wagnermeister, kein Geld, kein Platz,
sparen sparen sparen klagt Marianne, die eigenständig nur mit Mar. unterzeichnet und zur Meisterin des rhetorischen Trias geworden ist : den ganzen Tag nur waschen putzen bügeln. Kochen stricken nähen. Arbeit Arbeit Arbeit.

Weltwirtschaftskrise, das Ersparte dahin.
Und dann der zweite Weltkrieg, Arbeitsdienst, Kriegshilfsdienst.

Das prägt ein Leben, die Mutter konnte Englisch und Französisch, gab später erfolgreich Nachhilfeunterricht, hatte ihren Traum vom eigenen Grundstück (Eigentum) längst aufgeben müssen, doch >>sie konnte nicht mit Leuten<<.

Wolf Haas verwebt das Schicksal seiner Mutter - eingebunden in die Familie - großartig mit den Begegnungen in den letzten Lebenstagen.
Mal lässt er die Mutter selbst erzählen in ihrem wunderbar eigenständigen Duktus, mal berichtet er, auch mit einer liebenswerten eigenen Ironie : >>Lass weg, Haas<<.

Berührend auch die Hilflosigkeit beider im Umgang am Telefon in den letzten Lebensjahren zum Beispiel, doch die Mutter hat aus Sorge um das Wohlergehen ihrer Söhne immer auf ein Telefon bestanden.

Und als Haas eine Frage an seine Mutter hat und sie anruft, meldet sich am Telefon sein Bruder aus dem Altersheim mit der Todesnachricht.
Wie sehr Haas seiner Mutter verbunden war, belegt insbesondere der ungemein traurige letzte Satz des Romans.

Ein Zeitkolorit und ein Beleg dafür, wie die Eltern uns prägen - sehr lesenswert.