Ein bourgeoiser Sommer

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jesssoul Avatar

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Als Assistentin eines berühmten Schriftstellers verbringt Leah einen Sommer in seiner Villa in Südfrankreich, zusammen mit seiner Familie und Freunden. Sie soll seine Tagebücher transkribieren, wobei sie tief in seine Vergangenheit eintaucht. Anfangs scheint sich trotz des Altersunterschieds sogar eine leichte erotische Spannung zwischen beiden aufzubauen, doch abseits der Arbeit eröffnet sich ihr der Blick auf das, was sich über Jahrzehnte aus seinen damaligen Vorstellungen, Träumen und Taten entwickelt hat und es wird mit jeder Seite der Tagebücher deutlicher, dass selbst seine Familie nicht annähernd alles über ihn zu wissen scheint...
Während Leah also seine Frau, Kinder, Freunde und Umgebung kennenlernt und ihnen näherkommt, scheint Michael sich immer weiter von ihr und auch von seiner Familie zu entfernen.

"Ein französischer Sommer" von Francesca Reece ist nicht nur ein entspannter bourgeoiser Sommerroman voller Sonne, Wein und Sex, sondern auch eine Reise tief ins Bewusstsein der beiden Protagonisten, Als Leser erhält man mit Leah nicht nur Einsicht in ihre existenziellen Lebensfragen, sondern auch einen sehr voyeuristischen Einblick in Michaels Umfeld, während man durch Michaels Augen auch seine Ansichten und Gedanken erfährt. Ich fand diese Konstellation sehr interessant, denn Selbst- und Fremdbild driften ja doch manchmal ein wenig auseinander ;-) und es ist interessant, wie sich hier beides immer mal wieder streift, kollidiert oder überlagert...der Schreibstill hat mir auch richtig gut gefallen, es liest sich weg wie sich gut gekühlter Weißwein an einem heißen Tag trinken lässt :-D Wer also keinen allzu seichten Sommerkitsch mag, aber dennoch ein bisschen Laissez-faire-Urlaubsfeeling als Beigabe zu einer tiefgründigen Geschichte haben möchte, ist bei diesem Buch genau richtig!