Malerisch, sinnlich, stimmungsvoll

Voller Stern Voller Stern Voller Stern Leerer Stern Leerer Stern
la calavera catrina Avatar

Von

Leah wird auf eine Anzeige im Stadtmagazin aufmerksam, in welcher der Schriftsteller Michael eine Assistentin sucht. Es geht darum, Michaels Tagebücher aus zwei Jahrzehnten zu sichten und zu übertragen. Sie hat gerade erst ihren Abschluss gemacht, ohne genau zu wissen, wie es weitergeht, aber die Anzeige macht sie neugierig. Doch erst über Umwege kommt es zu einem Treffen und die Dinge nehmen ihren Lauf.

Francesca Reece erzählt ihr Debüt aus zwei Ich-Perspektiven: mit Michael taucht man in seine 70er Jahre ein, während Leah im Hier und Jetzt bliebt. Michael wird ungeschönt als rücksichtslose Persönlichkeit dargestellt und seine Vergangenheit gibt interessante Rückschlüsse über sein Verhalten. Leah hingegen hat ein angenehmes Naturell. Mit ihrer Schwäche, den Bewertungen anderer hohe Bedeutung beizumessen, bildet sie einen starken Kontrast zu Michael, der es nicht darauf anlegt, sympathisch zu wirken. Der ausgeglichene Schreibstil verleiht dem Roman einen Flair von Sinnlichkeit und einen spürbaren französischen Esprit voller Klugheit und Charme. Das passt ausgesprochen gut zu der Vorstellung warmer Sommertage und bietet bildhafte Eindrücke französischer Kultur und Landschaftsbilder. Den auch sprachlich spürbaren Wechseln zwischen den Perspektiven, fand ich gelungen. Jugendliche Moderne trifft auf gekünstelte Stabilität. Mit Eingewöhnungszeit wurde der Roman nach zweihundert Seiten deutlich interessanter und ich durchlebte mit Leah aufregende Zeiten. In Hinblick auf das Ende, fehlte es mir an Nachvollziehbarkeit. Dadurch konnte mich die Handlung insgesamt weniger überzeugen, aber die sommerliche Stimmung, der französische Stil und Leah werden mir in guter Erinnerung bleiben. Eine gute Mischung aus anspruchsvollem Stil und federleichtem Sommer.