Anstrengend zu lesen, entfaltet sich jedoch elegant

Voller Stern Voller Stern Voller Stern Leerer Stern Leerer Stern
nadines_buecher Avatar

Von

Dreißig Jahre Hausarrest verbringt Graf Alexander Rostov im Moskauer Hotel Metropol - und selbst diese Tatsache, die Auslöser für die elegante Erzählung ist, entfaltet sich als Charaktereigenschaft des Lebemanns, Gentlemans und irgendwie auch Philosophen über die Zeit und Entwicklungen nach der russischen Revolution hinweg.
Ein Roman mit vielen Seiten, der langsam genossen und nicht als Pageturner weggelesen werden möchte, denn dafür ist der Schreibstil zu schwer und blumig - wie ein elegantes Parfum, das seine Kopfnote erst nach einiger Zeit entfaltet. Es gibt Zeitsprünge, die einen vor veränderte Tatsachen stellen, deren Ursache man erst viel später verraten bekommt. Man kann also eine leichte Ungeduld entwickeln. Doch folgt man Rostov, seinen Gedankengängen und seinen Erlebnissen beharrlich und geduldig, wird man belohnt.
Die Charaktere sind dreidimensional gestaltet, rufen unterschiedlichste Emotionen hervor und machen es nachvollziehbar, ob der charmante, gewitzte und nur ein Mal ein wenig depressive Graf sich mit ihnen befreundet, ihnen vertraut oder eben nicht. Die Vielzahl der Personen erinnert an die russischen Klassiker, an die sich Alexander Rostov an vielen Stellen erinnert. Dennoch behält man in diesem Fall den Überblick.
Eine emotionale, eindringliche aber eben auch anstrengende Geschichte.
Das Cover wirkt mit der Farbe des Titels fast ein wenig zu modern für die Story, doch so wird die Aufmerksamkeit auf das Bild des Mannes gelenkt, der sich, elegant gekleidet, über die Brüstung beugt und auf eine Stadt hinunterschaut.