wahrer Lesegenuss

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blondesgift17 Avatar

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Das Äußere gibt den Einstieg zu diesem wundervollen, klugen, beeindruckenden Roman.

Ein Gentleman in Moskau kommt in hochwertiger Aufmachung daher und zieht die Blicke durch die intelligente Covergestaltung sofort auf sich. Die graue Rückenansicht des Mannes unterlegt mit in Magenta gestalteten Buchstaben lässt das Auge nicht mehr los. Das Buchliebhaber-Herz schlägt schneller, weil das Vorsatzpapier nicht einfach nur weiß, sondern mit grauen Rauten geschmückt ist. Erst möchte man gar nicht lesen, sondern einfach nur betrachten.

Amor Towles ist vielen schon durch seinen New York Schmöker "Eine Frage der Höflichkeit" bekannt und die Höflichkeit, wird auch im Moskauer Gentleman groß geschrieben. Graf Alexander ist ein Musterbeispiel an Tugend, Höflichkeit und Etikette. Wir schreiben das Jahr 1922 als wir in die Geschichte einsteigen, der Graf wird in einem Eilverfahren einer sowjetischen Kommission zu lebenslangem Hausarrest im Hotel Metropol verurteilt.
Nach Urteilsspruch residiert er allerdings nicht mehr in einer Suite, sondern in einer Kammer auf dem Dachboden.

Die Geschichte erzählt, wie es der Graf schafft in dieser Isolation zu überleben. Welche Menschen er trifft, welche Beziehungen er eingeht, wie er die kleine Welt zu seiner eigenen macht, bevor sich die Welt sich ihm zu eigen macht.

Und die Geschichte wird fast nebensächlich, betrachtet man den eleganten und fundierten Schreibstil Amor Towles. Er ist es, der dieses Buch zu etwas besonderem werden lässt. Der den Leser nahezu verschlingt und in die Geschichte einbettet. Der den Leser zwingt, am Ball zu bleiben und mit Alexander und seinen Lieben zu leiden.

Besonders schön fand ich, dass sich teilweise noch eine zweite Geschichte in den Fußnoten entspinnt, so dass es schwer fällt zu Entscheiden, welchem Strang man zuerst folgen möchte.

Ich empfehle dieses Buch unbedingt zu lesen. Jede Seite lohnt sich, jede Zeile, jedes Wort.