Ein Herzschlag bis zum Tod - Netter Krimi

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Inhalt:
Troy, ist eine junge Journalistin, die ein eher ruhiges Leben führt. Bis sie eines Tages auf einer Fähre sieht, wie ein kleiner Junge ins Wasser geworfen wird. Ohne darüber nachzudenken, springt sie ihm in den See hinterher, rettet ihn und anstatt ihn zur Polizei zu bringen, nimmt sie ihn mit nach Hause. Troy macht den Vater des Jungen ausfindig und begibt sich auf eigene Ermittlungen, warum und wie das Schicksal des kleinen Paul verlaufen ist.

Charakteristische Merkmale:
S. Henry hat einen Krimiroman, aber keinen Thriller, wie auf dem Cover zu lesen ist, über Freundschaft, Familie, Verrat, Hass und Liebe, Betrug und Identitätswechsel geschrieben. Die Geschichte ist zwar interessant und auf eine gewisse Art auch fesselnd, aber sie hat einen nicht so gepackt, wie es ein Thriller tun sollte.
Henry steigt gleich mitten ins Geschehen ein und baut so am Anfang eine große Spannung auf. Wer ist das Kind? Wieso fiel es ins Wasser oder wurde es absichtlich hinein geschmissen? Wieso ruft Troy keinen Rettungswagen? Das sind erste Fragen, die beim Lesen auftauchen und im Laufe der gesamten 50 Kapitel nach und nach geklärt werden. Jedoch geht der Autorin die Spannung sehr schnell verloren und taucht meines Erachtens erst wieder richtig auf den letzten 10 der 335 Seiten auf. Es gibt zwischendurch immer wieder Stellen, die den Rezipienten einnehmen, aber die nötigen Nervenkitzel für einen Thriller gehen einfach verloren. Des Öfteren liegt das sicher an Henrys Schreibstil, der einige Passagen sehr kurzweilig und springend wirken lässt. Sie neigt selten zu langatmigen Ausführungen. Wenn die Autorin Geschehnisse näher beschreibt, versteht sie sich darauf, diese nicht unnötig auszuschmücken oder etwas, wie bspw. die Landschaft oder Personen näher zu beschreiben. Dies ermöglicht zudem ein schnelles Voranschreiten der Geschichte.
Lässt man „Ein Herzschlag bis zum Tod“ unter das Genre Krimi laufen (wie Vorablesen es bspw. auch getan hat), dann kann man die Merkmale des Romans besser nachvollziehen. Es wurde ein Verbrechen begangen und Troy, als Privatermittlerin, versucht dieses zunächst auf eigene Faust und später mit gelegentlicher Zusammenarbeit der Polizei und Presse aufzuklären. Die Protagonistin gerät dabei selbst in Gefahr, was Merkmale eines Thrillers darstellen, und wird vom sehr lang unbekannten Täter angegriffen. Jedoch ist hier ein gewisses Happy End gegeben. Die Geschichte endet allerdings sehr abrupt. Viele Rezipienten hätten sicher noch mehr erfahren, wie es Troy und anderen wichtigen Personen später noch ergeht, aber darüber lässt man uns im Unklaren und unsere eigenen Vorstellungen überlassen. Henry springt dabei so schnell von einem Aspekt zum Nächsten, man hat als Rezipient noch gar nicht die Wahrheit verdauen können, da ist das Buch auch schon zu Ende gelesen. Unglücklich von der Autorin, die ihr nächstes Buch hoffentlich etwas genauer enden lässt.
Manche Handlungsabläufe, vor allem zu Beginn der Geschichte finde ich noch immer nicht ganz nachvollziehbar. Wie macht man in eiskaltem Wasser eine Mund-zu-Mundbeatmung? Sollte man nicht zusehen, dass man nicht untergeht, vor allem, wenn man noch eine zweite Person zusätzlich über Wasser halten muss? Und wie hat Troy den Gürtel um Paul geschnürt bzw. um sich, damit er nicht abrutscht und sie schwimmen kann? Ich finde auch ihre Handlungen danach ungewöhnlich und für mich nur teilweise nachvollziehbar, trotz der späteren Erläuterungen der Protagonistin. Ich hätte vielleicht den Krankenwagen gerufen, um das unterkühlte Kind zu untersuchen. Allerdings wäre dann die Polizei aufmerksam geworden, was Troy versuchen will zu verhindern. Das sind einige Aspekte, die mich gelegentlich stutzen ließen.
Troy ist für mich keine klassische Frau in dem Sinne, mit der sich viele Leserinnen identifizieren können. Sie lebt mit mehreren Männern in einer WG, ist eher der weniger damenhafte Typ und ihr scheint das Alleinsein nicht viel auszumachen. Auch Pauls Mutter ist eine ungewöhnliche Frau, und das meine ich im negativen Sinne. Sie wird schwanger, um einen Mann an sich zu binden. Aber weder mit dem Kind noch mit dem Mann will sie leben. Sie lügt und betrügt und verbringt lieber Champangertrinkend die Zeit mit ihren Freundinnen oder bei Massagen. Troys Freundin Baker, ein richtiger Mama-Typ, wirkt auf mich noch am sympathischsten. Troy vollzieht öfter mal nicht nachvollziehbare Handlungen, die es schwer machen, sie zu verstehen, obwohl die verwendete Ich-Perspektive dies meist sehr erleichtert. Den Rezipienten ist es dadurch möglich in ihre Gedanken und Gefühle einzutauchen.
So sind in Henrys Roman auch die Männerfiguren sehr unterschiedlich. Zach, ein Mitbewohner und guter, essensliebender Freund von Troy, macht auf mich den Eindruck des schwulen besten Freundes, den sich viele Frauen wünschen. Der immer da ist, wenn man ihn braucht und einen in Ruhe lässt, wenn man es will. Thomas, Troys Freund zu Anfang der Geschichte, wirkt verweichlicht. Er lässt sich von Troy ausnutzen, gibt sich keine Mühe, sie zurückzuerobern, sondern nimmt eine Trennung einfach so hin und nimmt Troy später einfach bei sich zu Hause auf. Pauls Vater, war mit einer Betrügerin verheiratet und schlüpft am liebsten in die Rolle des knallharten Geschäftsmannes. Gefühle gegenüber seinem Kind oder später auch Troy offen zu zeigen, fällt ihm schwer. Der Polizist, der ruppig ist, scheint Troy zu mögen, zeigt dies jedoch auf eine sehr verquere Art und Weise.
Das Buch ist in 3 Kapitel unterteilt, die meines Erachtens vor allem die Orte, an denen Troy sich dann hauptsächlich befindet, eingrenzt. Die Kapitel werden immer mit einem Zitat zum Thema Schwimmenlernen aus einem Blog begonnen. Das ist interessant und abwechslungsreich.
Eine weitere nennenswerte Besonderheit in dem Roman ist, dass Paul zunächst nur französisch spricht, da seine Eltern ihn zweisprachig aufgezogen haben. Durch Troy, die ihre französischen Brocken meist noch mal im englischen (für uns deutsch) wiederholt und auch im Zusammenhang der Geschichte, kann man dem gut folgen, auch wenn man, wie ich, kein französisch versteht und spricht.
Das Cover wirkt auf mich irgendwie unheimlich und mysteriös. Troy ist es auf jeden Fall nicht, die dort dargestellt wird. Ich vermute, dass es Pauls Mutter ist, ich bin mir aber nicht mehr im Klaren, ob die Beschreibungen aus dem Buch auch passen.

Empfehlung:
Auch wenn es bei dem Roman keine klare Grenze zwischen Krimi und Thriller gibt, ist die Geschichte interessant und es ist spannend zu verfolgen, wie Troy dem Geheimnis immer mehr auf die Spur kommt. Leser, die daran interessiert sind, wie ein solcher Fall, bei dem ein Kind ins Wasser geworfen wird, gelöst wird, sind bei diesem Buch ganz richtig. Man darf sich auf abwechslungsreiche Handlungsgänge freuen. Rezipienten, die einen Nervenkitzel und Hochspannung während des ganzen Romans lieben, sind bei „Ein Herzschlag bis zum Tod“ leider falsch und wären nur enttäuscht. Ein netter Krimi für ruhige Abende.