Sympathische Heldin mit Biss

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alasca Avatar

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Ein Thriller ist das nicht, was Sarah J. Henry da vorgelegt hat, trotz des actionbetonten Einstiegs und hohem Anfangstempo. Danach geht es deutlich ruhiger weiter - ein Krimi, verbunden mit der Entwicklungsgeschichte einer sympathischen Heldin – und erst zum Schluss kommt dann wieder mehr Action auf – durchaus überraschend, ich hatte mit dieser Auflösung nicht gerechnet, obwohl ich Vielleserin auch von Krimis bin.  

Die Sportjournalistin Troy, Freelancer und Individualistin, rettet spontan ein Kind vor dem Ertrinken und entdeckt ganz neue Züge in sich. Sie, die immer Wert auf Unabhängigkeit und Autonomie gelegt hat und deren Beziehungen eher unverbindlich waren, gewinnt den kleinen Jungen spontan lieb und würde ihn, zu ihrer eigenen Überraschung, am liebsten bei sich behalten. Da der Sturz des Jungen von einer Fähre ins Wasser des schönen Lake Champlain aber offenbar mit Tötungsabsicht verursacht wurde, folgt sie der Stimme der Vernunft, macht sich auf die Suche nach dem Vater und schaltet die Polizei ein, die zunächst erfolglos bleibt. Weshalb Troy, aus Schuldgefühl darüber, das Kind nicht sofort zur Polizei gebracht und damit womöglich die Ergreifung der Täter verzögert oder gar verhindert zu haben, auf eigene Faust Ermittlungen beginnt.

 

Als Stärke des Romans habe ich nicht so sehr den Aufbau von Spannung empfunden, der durchaus gelingt, sondern die Art der Autorin, den Leser mit der Protagonistin fühlen zu lassen. Zudem gefiel mir die unkonventionelle Heldin Troy mit ihrer eigenwilligen Lebensweise, die einerseits unsentimental, andererseits durchaus gefühlvoll rüberkommt, immer bemüht, das Bild der „taffen“ Frau aufrecht zu halten, auch wenn es im Inneren ganz anders aussieht. Während des Geschehens gehen der Heldin ein paar Vorurteile (schöne Männer sind oberflächlich) über Bord – wenn das denn eins ist;-) - und ein paar Axiome (nur das einfache Leben ist lebenswert) gehen zusammen mit ihr baden, und zwar buchstäblich. Da passiert ganz viel im Kopf der Protagonistin, es geht um Wahrheit und Vertrauen, und durch die Ich-Perspektive ist der Leser immer ganz nah dran und spekuliert und zweifelt mit.

 

Die Sprache ist klar, flüssig und unprätentiös und liest sich locker runter, das Happy End fand ich wohltuend leise, und ich ahne, dass wir dieser Heldin nicht zum letzten Mal begegnet sind. Nett, dich kennengelernt zu haben, liebe Troy, ein Wiedersehen würde sicher nicht nur mich freuen!