Familiengeschichte

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Der Roman beginnt mit einem Prolog, in dem eine Person beginnt, in einem alten Tagebuch zu blättern, aus dem ein Brief fällt, der viele Jahrzehnte zuvor von einem Mann namens Yusef Rosenbaum an eine weibliche Person namens Rakel geschrieben wurde. Danach erfolgt ein Zeitsprung von einem halben Jahr in die Zukunft. Es wird eine Situation geschildert, in der eine Frau, Ella, nach Bergen / Norwegen zurückkehrt, nachdem sie über Tod ihrer Eltern informiert wurde. Sie wird von dem Anwalt der Familie abgeholt und trifft sich später mit ihrer Tante und deren Mann, um die Formalitäten für die Beerdigung zu regeln.

Bis zum Ende der Leseprobe offenbart sich dem Leser noch keine Verbindung zwischen den beiden Handlungssträngen des Prologes einerseits und der beiden ersten Kapitel andererseits. Aber beide Handlungsstränge machen neugierig darauf, zu erfahren, wie es weitergeht und wo sie irgendwann zusammenlaufen. Wer ist Rakel? Wer ist Yusef? Warum setzt Yusef so viel Hoffnung in Rakel? Warum ist das Verhältnis zwischen Ella und ihren Eltern so distanziert und abgekühlt? Was ist passiert, das zur Folge hatte, dass Ella ihre Eltern so lange nicht gesehen hat? Durch diese offenen Fragen wird inhaltlich Spannung erzeugt :" Eine schöne Kulisse für eine Tragödie, dachte ich bitter. Hatte meine Familie nicht immer schon einen Hang zur Tragik gehabt?" (S.26). Möglicherweise wird Ella etwas über ihre Familie erfahren, was sie vorher nicht wusste und was vielleicht die Distanz zwischen Eltern und Tochter erklären kann.

Die personale Erzählperspektive der ersten Person bewirkt, dass man versucht, mit der Protagonistin zu gehen und sich mit ihrer Familiengeschichte auseinanderzusetzen. Dabei sorgt die bildreiche Sprache dafür, dass man die Gefühle der Ich-Erzählerin gut nachvollziehen kann: "Ich (...) wünschte mir, ich könnte in ihre Wärme und ihr scheinbar einsames Glück vordringen, das sie nicht mit anderen teilte, nicht einmal mit mir" (S. 24) und " Und der gespannte Bogen in meiner Brust erzitterte aus Angst vor dem, was ich nicht verstand " (S. 25).

Was es mit dem Titel für eine Bewandtnis hat, kann man sich zunächst noch nicht erklären. Ein Koffer kann symbolisch für eine Reise oder eine Flucht stehen, aber auch für einen Ort, in dem man etwas aufbewahrt und mitnimmt. Zunächst ist der Titel also verrätselt und auch dies weckt Interesse und Neugier, denn man möchte wissen, was es mit dem "Koffer voller Hoffnung" auf sich hat.