Eher enttäuscht

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cocowie Avatar

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Leider muss ich zugeben, dass mich der Roman doch ein wenig enttäuscht hat, nachdem mir die Leseprobe so gut gefallen hatte.
Insgesamt erscheint mir der Roman ein bisschen zu „ambitioniert“, da meiner Meinung nach zu viele Themen gleichzeitig aufgegriffen und dabei teilweise nur oberflächlich angekratzt werden.

Es geht um Emanzipation und Gleichberechtigung, familiäre Kommunikationsprobleme, posttraumatische Belastungsstörungen und den Wunsch nach Eigenständigkeit und Unabhängigkeit.

Die Darstellung von Annes zwiespältigen Gefühlen, gefangen zwischen Pflichtgefühl der Familie gegenüber, ihrem mangelnden Selbstvertrauen und dem Wunsch nach Selbstbestimmung werden zwar sehr gut herausgestellt. Kaum vorstellbar aus heutiger Sicht, dass Frauen in den 1950er ohne die Zustimmung ihres Mannes weder arbeiten noch den Führerschein machen durften. Schade aber, dass die Figuren in ihren Charaktereigenschaften so eindimensional erscheinen und nur durch ihre Gegensätze wirken. So ist Anne über weite Strecken das „arme Mädchen“, das nie geliebt wurde, wohingegen ihre Schwiegermutter als die „toughe“ Buisnesslady ihren Gegenpol bildet und ihrer Schwiegertochter immer wieder unter die Arme greifen muss. Diese Beziehung wirkt für mich unglaubwürdig, Margarethes Verhalten Anne gegenüber teilweise übergriffig und ihr eigenes Verhalten manchmal schlichtweg „drüber“.

So ergeht es mir auch bei den anderen Figuren, insbesondere Annes Eltern. Da ist die verrückte Mutter und der stoische, apathische Vater, der nur noch vor sich hinstarrt. Die Personen wirken ein wenig lieblos konstruiert und wie bereits erwähnt, eindimensional.
Dazu kommt der sehr einfache Schreibstil, der zwar flüssig zu lesen ist, jedoch nicht zu fesseln vermag.

Über weite Strecken hat mich „Ein Koffer voller Schönheit“ wirklich gelangweilt…