Lebendiges Bild der Zeit des Wirtschaftswunders und eine kleine Hommage an Avon

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klusi Avatar

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Der Roman spielt in den Jahren 1959 bis 1961. Anna und Benno Jensen hatten sich während des Kriegs kennengelernt und mussten schwere Zeiten überstehen, aber zusammen haben sie sie gemeistert. Nun leben sie mit ihren beiden halbwüchsigen Kindern in einem Häuschen und hätten allen Grund, zufrieden zu sein, nur glücklich sind sie nicht. Anne muss zusehen, wie sich ihr Mann immer weiter von der Familie zurückzieht. Zusammen mit seinem früheren Schulkameraden Karl will Benno ein Möbelgeschäft eröffnen und groß aufziehen. Aber Anne traut dem Geschäftspartner nicht über den Weg, und immer öfter fragt sie sich, wo ihr geliebter Benno geblieben ist, den sie einst kennengelernt hatte. Trost und Rat findet die junge Frau bei ihrer Schwiegermutter Margarethe. Als Anne beschließt, als Kosmetikberaterin für Avon zu arbeiten, findet sie bei Margarethe volle Unterstützung. Benno wiederum ist alles andere als begeistert von dieser Idee seiner Frau.

Ich bin selbst ein Kinder der 50er Jahre, und vieles, was die Autorin in diesem Roman beschreibt, war mir nur allzu vertraut. Aber ich habe auch Neues über diese Zeit erfahren, was mich erstaunt hat. Beispielsweise wusste ich nicht, dass Frauen zu dieser Zeit immer noch die Genehmigung ihres Ehemanns benötigten, wenn sie einen Beruf ausüben wollten.
Auch ich bin damals mit Produkten von Avon aufgewachsen und kann mich noch sehr gut an die Döschen und Fläschchen und auch noch an manche Düfte erinnern, die mich als Kind und Jugendliche fasziniert haben.
Während des Lesens habe ich häufig pausiert, um ein wenig in Erinnerungen zu schwelgen.
Anna ist eine sympathische Protagonistin, und ich konnte ihre Beweggründe nur allzu gut verstehen. Wie sie und Benno mit der Ehekrise umgehen, ist hier sehr gut und einfühlsam dargestellt. Auch Bennos Sichtweise kann man verstehen, denn damals war eben vieles anders, und viele Situationen können wir heutzutage gar nicht mehr wirklich nachvollziehen, denn die Denk- und Lebensweise haben sich in den vergangenen sechzig Jahren doch gewaltig geändert. Mein heimlicher Star im Roman ist Margarethe. Sie ist eine außergewöhnliche Frau, völlig unkonventionell, und auf den ersten Blick wirkt sie ein wenig schrill, aber je mehr ich über sie erfahren habe und je besser ich sie kennengelernt habe, umso sympathischer wurde sie mir.
Bisher kannte und liebte ich die historischen und auch die humorvollen Romane der Autorin, die hier unter einem neuen Pseudonym schreibt. Sie schreibt mitreißend, und sie kann auch zeitgenössisch und ernsthaft! Ihr neuer Roman ist wunderbar gelungen, lebendig, warmherzig, spannend und mit viel Zeitkolorit.