Auf der Flucht

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marionhh Avatar

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Rachel ist mit ihren zwei Töchtern auf der Flucht vor ihrem Ex-Mann Richard, einem schwerreichen Großindustriellen. Hinter ihr her ist nicht nur Kilian, der von Richard angeheuert wird, Rachel und die Kinder zu finden, sondern auch ein russischer Killer, der sie töten soll. Denn sie hat Richards Laptop mitgehen lassen, der kompromittierende Informationen über Richard und einige hochrangige Personen enthält, die allen die Karriere kosten könnten. Schließlich spürt Kilian sie aber doch auf, und als er die Geschichte aus ihrer Sicht hört und das ganze Ausmaß begreift, stellt er sich auf ihre Seite, und nun fliehen sie gemeinsam vor ihren Häschern. Kilian ist jedoch schnell klar, dass sie nicht ewig auf der Flucht sein können und entschließt sich zu einem letzten Schritt, der hoffentlich die Entscheidung bringen wird....

Die Story wird hauptsächlich aus drei verschiedenen Erzählperspektiven erzählt: Rachels, Kilians und Markows, des russischen Killers. Die Geschichte nimmt schnell Fahrt auf und entwickelt sich sehr rasch, jedoch ohne hektisch oder unüberschaubar zu werden. Die Kapitel sind mit äußerst treffenden Überschriften betitelt, und teilweise wechselt die Perspektive auch innerhalb eines Kapitels. Diese Kombination erhöht die Spannung ungemein, und der Leser folgt der Handlung atemlos und ist permanent gefesselt.

Die Charaktere sind vielschichtig und nicht nur einseitig gut oder böse. Alle haben eine problematische Vergangenheit und daher auch eine komplizierte Psyche, in die der Leser aufgrund der Erzählweise auch sehr gute und intime Einblicke erhält und so natürlich viel intensiver mit ihnen mitlebt. Selbst der Killer Markow, ein ehemaliger russischer Soldat, der im Tschetschenienkrieg vielerlei Gräuel erlebt hat, wird sympathisch, wenn er mit seiner Freundin Marina spricht und sein Innerstes nach außen kehrt. Zwischen den Protagonisten entwickelt sich ein Katz und Maus-Spiel, bei dem mal der eine, mal der andere die Nase vorn hat.

Am interessantesten ist in meinen Augen Killian, von seiner Herkunft her ein Pavee, ein „Fahrender“, die von der irischen Gesellschaft sowieso verachtet und zumeist als kriminell eingestuft werden. Und tatsächlich hat Killian eine mehr als kriminelle Vergangenheit. Schon in seiner Jugend verdingte er sich als kleiner Dieb und Autoknacker. Sein „Beruf“ ist eher unklar: Er spürt gegen Geld Leute auf und „überredet“ diese, im Sinne seines Auftraggebers zu handeln. Wenn es nötig ist, tötet er auch. Er fühlt jedoch auch Mitleid mit den Opfern. Eigentlich möchte er nun aussteigen, doch die Entlohnung in Rachels Fall ist zu gut um abzulehnen. Rachel hat eine Drogenvergangenheit, ist von Richard geschieden und käme ohne die kleinen Finanzspritzen ihres Vaters nicht über die Runden. Sie kann sich und ihre Kinder nicht schützen, und ihr ist klar, dass es so nicht ihr Leben lang weitergehen kann. Als Killian sie endlich aufspürt, ist sie sogar froh, dass sie ihr Leid teilen kann.

Was Kilian auf dem Laptop findet, lässt ihm letztendlich auch keine Wahl, als sich gegen seinen Auftraggeber zu entscheiden. Trotz aller Vorurteile gegen seine eigenen Leute finden Rachel und Killian ausgerechnet bei seinem Clan eine Zuflucht und uneigennützige Hilfe. Die Leute unterstützen die beiden selbst dann, als sie angegriffen werden, und setzen ihr Leben für sie aufs Spiel. Hier kommt es dann auch zum Showdown zwischen Killian und Markow. Killian ist jedoch dann derjenige, der erkennt, dass es so auf Dauer nicht weitergehen kann, und entschließt sich, einen „allerletzten Job“ zu erledigen und so Rachel und den Mädchen ein freies Leben zu ermöglichen.

Fazit: Ein sehr spannender, fesselnd geschriebener Thriller! Das Cover finde ich persönlich sehr gelungen, düster und geheimnisvoll und mit deutlichem Bezug zu Irland, wo die Handlung spielt. Interessante und vielschichtige, gut herausgearbeitete Charaktere, in die man sich gut hinein versetzen kann. Das Ende ist für „Happy End“-Liebhaber nicht so befriedigend, sondern bleibt eher offen und lässt daher auch mehr Raum für eigene Vorstellungen. Das offene Ende schmälert den Wert des Buches und das Lesevergnügen meines Erachtens in keinster Weise, und das Buch ist daher ein absolutes Muss für alle Thrillerfans, die mal nicht etwas über psychopathische Serienkiller mit schwieriger Kindheit lesen wollen!