Ein irischer Krimi

Voller Stern Voller Stern Voller Stern Voller Stern Leerer Stern
buecherfan.wit Avatar

Von

 

Killian hatte eigentlich mit seinem alten Leben als Schuldeneintreiber und Mann für andere Jobs, in denen es darum ging, Leute zu finden oder einzuschüchtern, abgeschlossen, als ihm durch Vermittlung seines alten Bekannten Michael Forsythe ein besonders lukrativer Job angeboten wird, der ihn mit einem Schlag schuldenfrei machen und ihm einen komfortablen Ruhestand ermöglichen würde. Für eine halbe Million Pfund soll er die untergetauchte Ex-Frau und die Töchter des reichen Geschäftsmanns Richard Coulter suchen. Coulter besitzt eine Fluglinie, ein Spielcasino und beste politische Verbindungen. Er hat auch in unruhigen Zeiten ungehindert Geschäfte machen können und ist sehr reich geworden. Killian ist misstrauisch wegen der ungewöhnlich guten Bezahlung für einen scheinbar einfachen Auftrag, aber er stimmt zu.

Schon bald muss er feststellen, dass die Sache wesentlich komplizierter ist, als es den Anschein hat. Ex-Frau Rachel ist schwer zu finden, und Markow, ein russischer Auftragskiller, ein Veteran aus dem Tschetschenienkrieg, jagt Rachel und die Mädchen, aber auch Killian. Ein Wettlauf mit der Zeit beginnt. Killian ist sowohl Jäger als Gejagter. Es entwickelt sich eine spannende Handlung mit viel Lokalkolorit. Landschaft, Klima und Geschichte spielen eine große Rolle in einem Roman, der aus wechselnder Perspektive erzählt wird. Er ist vor allem außergewöhnlich durch seinen Protagonisten Killian, der bei den Pavee aufgewachsen ist, einer den Zigeunern ähnlichen Gruppe von Nicht-Sesshaften. Schon früh wurde er auf eine kriminelle Laufbahn mit Einbrüchen und Diebstählen vorbereitet. Bei diesem letzten Auftrag besinnt sich der Protagonist auf seine Wurzeln, Mythologie und Anschauungen, vor allem den Ehrenkodex der Pavee: gegebene Versprechen sind zu halten, Angefangenes ist zu Ende zu bringen - ohne Rücksicht auf die Folgen für die eigene Person. Killian ist eine ungewöhnliche und zugleich sehr sympathische Romanfigur. Es entbehrt nicht einer gewissen Ironie, dass ein Angehöriger des fahrenden Volkes Immobilien erwirbt und Architektur studiert. Killian liebt Geschichten und besitzt große verbale Überzeugungskraft. Deshalb kann er meist auf physische Gewalt verzichten, ganz im Gegensatz zu dem gnadenlosen russischen Killer, der für brutale Gewaltorgien im Roman sorgt.

“Ein letzter Job” hat ein ausgefallenes offenes Ende, das dem Autor die Möglichkeit lässt, die Reihe um Killian und Michael Forsythe fortzusetzen, je nachdem, wie die Geschichte letztlich ausgeht. Mir hat der Roman gut gefallen, weil er mit seinem typisch irischen Ambiente ganz anders ist als die Krimis, die man sonst so kennt. In diesem Zusammenhang scheint ein Hinweis angebracht: Es ist hilfreich, wenn man sich mit der Geschichte Nordirlands in den letzten fünfzig Jahren und der aktuellen wirtschaftlichen Situation ein bisschen auskennt. Denn auch diese Dinge werden auf interessante Weise thematisiert. Der Autor nimmt Bezug auf den jahrzehntelangen Bürgerkrieg, den schwierigen Friedensprozess und das Karfreitagsabkommen, und er zeigt, dass die Mitglieder der IRA (Irish Republican Army) keineswegs moralisch untadelige Freiheitskämpfer waren, sondern eine Menge Dreck am Stecken hatten.

Fazit: Adrian McKintys “Ein letzter Job” ist empfehlenswert, wenn man bereit ist, sich auf einen etwas anderen, in vieler Hinsicht sehr irischen Roman einzustellen.