Ir(r)e, dieser Roman

Voller Stern Voller Stern Voller Stern Voller Stern Leerer Stern
buch-haltung Avatar

Von

 

Hat der Suhrkamp bereits die Todes-Trilogie rund um den irischen Bad Boy Michael Forsythe veröffentlicht (Der sichere Tod, Der schnelle Tod, Todestag), legt der Verlag nun mit „Ein letzter Job“ nach. Diesen titelgebenden Auftrag muss eine neue Figur im McKinty'schen Kosmos erledigen und zwar der auf den ur-irischen Namen hörende Vagabund Killian, der sich eigentlich aus seinem mörderischen Tagesgeschäft zurückgezogen hat. Ein letzter Job, dann kann er seinen wohlverdienten Ruhestand antreten, dies verspricht ihm sein Boss Sean, doch wer Adrian McKinty kennt, der weiß, dass dabei meistens etwas schiefgeht und nicht jeder heil aus der Geschichte herauskommt.

 

Richard „Dick“ Coulter, Besitzer einer Fluglinie, hat Killian über dessen Chef angeheuert, auf dass er seine Ex-Frau Rachel mit den beiden Kindern aufspüre, die nämlich einen Laptop mit kompromittierenden Details in ihrem Besitz hat, den Dick gerne wieder zurück hätte. Kompliziert wird das Ganze aber erst, als alte Animositäten in die Auftragslage und damit in die Jagd Killians hineinspielen, denn ein Untergebener Coulters heuert überraschenderweise noch einen skrupellosen russischen Killer an, der auf Rachel und die Kinder angesetzt wird. Schnell wird aus der Jagd nach Frau und Laptop eine brandgefährliche Gemengelage, in der Killian eindeutig Position beziehen muss. Verrät er seine Auftraggeber und beschützt Rachel vor dem sicheren Tod oder liefert er trotz seiner Skrupel Rachel und ihre Kinder bei Dick ab – mit ungewissem Ausgang?

 

Sonderlich innovativ ist er ja nicht, der Plot auf dem „Ein letzter Job“ basiert. Auch Michael Mann oder andere Regisseure hätten diese Geschichte ersinnen können, allerdings wage ich zu bezweifeln, dass der Roman derart ausgefallen wäre, wie er nun dank Adrian McKinty vorliegt. Ruhige Passagen wechseln sich mit actionlastigen Sequenzen ab, man spürt förmlich das raue Klima und den Charme der grünen Insel durch die Seiten oszillieren – und obendrein gibt es noch ein paar wirklich interessanter und abgründiger Charaktere, die das Buch bereichern. Neben kurzen Gastauftritten (Bridget, Michael Forsythe), die eingefleischte Kenner schon aus Vorgängerwerken kennen, wird mit Killian ein widersprüchlicher aber dennoch liebenswerter Charakter in den Mittelpunkt der Erzählung gestellt. Eigentlich müde von seinem mörderischen Tagwerk, will er nur noch seine Ruhe, bevor er in die Jagd nach dem Laptop und Rachel verwickelt wird. Diese verlangt ihm auch alles an Geschick ab, das er aufbieten kann. Neben seinen Qualität als Einstecker hat Killian nämlich eine große Gabe, und diese ist weder seine Schnelligkeit oder Kampfkraft (im ganzen Buch gebraucht er nahezu keine Waffen), sondern seine Zunge. Durch seine Eloquenz und sein Verhandlungsgeschick verschafft er es mühelos, säumige Kunden oder Gegner seine Chefs schnell und ohne Gewalt zu überzeuge und sie in die gewünschten Bahnen zu dirigieren.

Im ganzen aus diversen Perspektiven geschilderten Plot ist es diese des Killians, die wirklich am intensivsten in Erinnerung bleibt. McKinty versteht es, der zerrissenen Identität des wahlweise als Pavee oder auch Tinker (eine Art irischer Zigeuner) beschimpften Killians Leben einzuhauchen und so den Plot weg von einer Räuberpistole hin zu einem mehrschichtigen Werk zu bringen.

Doch bei aller Irland-Begeisterung sei auf eine kleine Besonderheit im Schreibstil McKintys hingewiesen, die allen Nicht-Iren möglicherweise etwas aufstoßen könnte. Er gebraucht (und hier ist der guten Übersetzung Peter Torbergs wirklich kein Vorwurf zu machen) jede Menge Begriffe des irischen Lokalkolorits, Zeitgeschehens und täglichen Gebrauchs, die den Lesefluss etwas hemmen. Begriffe wie Stew oder Aye dürfte man noch kennen, aber spätestens bei der Aufzählung und Schilderungen irischer Freiheitskampftruppen wie der IRA, UVF oder RUC wird’s kompliziert. Wer sich an diesen Einsprengseln aber nicht stört oder scheut, bestimmte Termini nachzuschlagen, wird mit einem großartig spannend und reflexiven Buch belohnt, das mich zumindest noch über das Zuschlagen des Buchdeckels gefesselt und Lust auf Irland gemacht hat!

 

Fazit: Ein Roman wie die irische Insel. Abgründig, kantig aber auch unbestreitbar faszinierend!

 

Bücher sind wie Schiffe, die das Meer der Zeit durchsegeln (Francis Bacon)