Gewagte Entscheidung

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Dezember 41 Luftangriff auf Berlin, bei dem das Ehepaar Huber und die Tochter Annegret, alle überzeugte Nazis, ums Leben kommen. Nur Margarete, das jüdische Dienstmädchen oder besser ausgedrückt Haussklavin, überlebt. Im Bruchteil einer Sekunde trifft sie eine Entscheidung, die ihr Leben rettet und ihr ihre Identität nimmt. Sie entwendet die Papiere der toten Annegret und gibt sich als sie aus.

Nun beginnt ein Leben der Verstellung, der Angst vor Entdeckung, gefangen in einem immer undurchsichtiger werdenden Gespinst von Lügen.

Margarete flieht nach Paris und trifft dort ausgerechnet auf Wilhelm, Annegrets Bruder, SS-Angehöriger, erzogen in einer Napola.-Schule . Er durchschaut Margaretes Täuschungsversuch und beschließt, die Situation zu seinen Gunsten auszunutzen. Als auch Wilhelms Bruder Reiner nach Paris kommt, fühlt sich Margarete wie eine Maus in der Falle. Wo ist der Ausweg ?

Margarete hatte nach wenigen Seiten meine ganze Bewunderung und Anteilnahme. Ich bin nicht sicher, ob ich die Geistesgegenwart besessen hätte, Annegrets Papiere an mich zu nehmen. In Rückblenden wird Margaretes Leben als Haussklavin beschrieben. Ich fand es beschämend und verabscheuungswürdig, wie entmenschlicht sie behandelt wurde. Ich kann mir kaum ausmalen, was es bedeutet muss, plötzlich in die Rolle seines größten Feindes zu schlüpfen und den Anschein zu erwecken, man teile seine Ansichten.

Gerade als ich aufatmen wollte, weil sie in vermeintlicher Sicherheit ist, trifft sie auf Wilhelm. Wilhelm ist für mich eine sehr ambivalente Persönlichkeit. Erzogen in der Nazi-Ideologie sieht auch er in Margot zuerst den wertlosen Untermenschen und behandelt sie auch so. Je näher er sie kennenlernt, um so mehr ändert sich seine Wahrnehmung. Was mich wütend gemacht hat, auch die "Guten" sehen in Margarete nur das Mittel zum Zweck.

Das Ende ist sehr dramatisch und in meinen Augen sehr gelungen. Er setzt einen Schlusspunkt und ist zugleich die Tür in einen neuen Lebensabschnitt, der im Folgeband erzählt wird.

Für mich ist der Roman absolut lesenswert, weil es der Autorin gelungen ist, die schrecklichen Lebensumstände zur Nazizeit unterhaltsam zu schildern, ohne sie zu verharmlosen oder zu banalisieren.